üppige Phantasie entfalten, konnte in der engen Verbindung von Architektur und Plastik Wirkungen erzielen, die alles hinter sich ließen, was die Zeit vor ihm geschaffen hatte. Man1) hat Schlüters Anteil am Schloßbau auf die südlichen Portale beschränken wollen — man wird auch bei den anderen Teilen eine starke Abhängigkeit von römischen Baudenkmälern zugeben müssen —; doch können solche Beziehungen in einer Zeit, in der eine große Anzahl von Werken über die italienische Baukunst erschienen sind, kaum ausreichend sein, um unserem Meister das Hauptverdienst an dem Schloßbau abzusprechen.
Vor den Schlüterschen Neubauten war im wesentlichen nur der östliche Hof als eine Anreihung von Gebäuden verschiedener Meister und verschiedener Zeiten vorhanden. Nach der Anlage des Lustgartens und einem, diesen östlich begrenzenden Bibliotheksgebäude, das sich an die Schloßapotheke reihte, zu urteilen, scheint der ursprüngliche Plan auf einen Erweiterungsbau nach Norden gerichtet gewesen zu sein. Schlüters Schloßprojekte, die offenbar Ehrfach umgeändert wurden, haben indessen eine Erweiterung nach der Westseite vorgesehen, auf der der geplante Neubau des Domes eine der großartigsten städtebaulichen Anlagen verhieß. Die Geschlossenheit und Symmetrie des ersten größeren Entwurfes (Abb. 93), der von dem Kupferstecher Blesendorf veröffentlicht wurde, ist
allerdings durch die in An-
Abb. 94. Loge Royal York. von A. Schlüter.
Nach he Aufnahme von Hofphotograph F. Alb. Schwartz. Berlin UV. 87. griff genommene westlic
Erweiterung vereitelt worden. Der östliche Schloßhof wurde unter starker Veränderung der alten Anlagen so ausgebaut und vollendet, wie er heute noch erhalten ist. Zu einem Ersatz des Zwischenbaues, der in der Hauptsache von Niuron herrührte (s. S. 72), ist es nicht mehr gekommen; dagegen wurde der Lustgartenflügel bis zur völligen Abschließung des östlichen Hofes vollendet. Seine Fortführung nach Westen kam ins Stocken, weil der Zusammensturz des Münzturmes 1706 die Stellung Schlüters erschütterte.
Wenn der Künstler auch architektonisch richtig empfand, so war er, wie das aus den Akten zweifellos hervorgeht, als Konstrukteur keineswegs einwandfrei. Sein starkes Künstlerbewußtsein ließ es nicht zu, den dringenden Vorstellungen bewährter Fachleute zu folgen und seine Schöpfungen ihren Vorschlägen anzupassen. Der Münzturm, der sich an der nordwestlichen Ecke des heutigen Schlosses erhob und ein Glockenspiel sowie einen Wasserbehälter aufnehmen sollte, erwies sich als zu schwach für die ihm zugemutete Aufgabe. Bedrohliche Sprünge zeigten sich. Im Sommer 1706 mußte er abgetragen
1) C. Gurlitt, Andreas Schlüter S. 130 ff.