Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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werken, hier übersprudelte die Überfülle seines Formenreichtums leicht die tektonische Grundlage. Ein solcher Mann mußte auf seine Kunstgenossen gewaltigen Einfluß aus­üben. wenn in einem Reskript von 1700 gefordert wird, daß die zum Ausmalen der Schloßräume bestimmten Künstler sich seiner Oberaufsicht fügen sollten, so beweist diese Anordnung, wie groß man diesem gewaltigen künstlerischen Geiste die Bahn für die Be­tätigung in Berlin zu machen suchte.

Der Anteil Schlüters an der Errichtung von Bürgerhäusern ist zweifelhaft. Außer den schon genannten werden ihm noch einige andere zugesprochen, indessen wohl mit Un­recht. Schlüter war eine solche künstlerische Kraftnatur, daß sie bei bescheidenen Auf­gaben kein Genüge fand. Er war der geborene architektonische Verherrliche! des preußischen Königsgedankens! Daß seine Kunst in der Hand geringerer Kräfte dem

Abb. 95. Entwurf von A. Schlüter für die Bebauung des Schloßplatzes.

Nach einem Stich von Broebes.

Stadtbilde zunächst nicht gefährlich wurde, war eine Folge der strengen holländischen Schule, die nicht leicht zu erschüttern war, und die durch das akademische Virtuosentum französischer Künstler noch weniger aus ihrer Bahn gedrängt wurde. Aber auch die gesteigerte Grandezza der Schlüterschen Prunkfassaden behauptete sich in dem Straßenbilde, ohne es zu beeinträchtigen, wir haben, mit Ausnahme des inneren Schloßhofes, leider keine größere Gruppe von Bauten, die ihn als Meister des Städtebaues zeigt, wohl aber ist sein Entwurf für die architektonische Ausgestaltung des Schloßplatzes in einem Broebesschen Stiche erhalten geblieben, der ihn auch hier als Meister erkennen läßt, hier weiß er alle Mittel der Platzgestaltung in höchster Vollendung anzuwenden: Achsen- , teilung, Symmetrie, Verteilung der Baumassen und Gliederung, architektonischen Mittel­punkt und fein empfundenen Rhythmus zwischen vertikalen und horizontalen. Ls wird stets zu bedauern sein, daß dieser großartige, einer norddeutschen Ebenenstadt so gut zu Gesicht stehende Entwurf auf dem Papiere geblieben ist; er hätte Berlin nicht nur um