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sagte (Abb. 96). Trotzdem geht von diesem Werke eine mächtige Wirkung aus, die von der schlichten Gestaltung der anschließenden Baukörper und den gewaltigen Verhältnissen des Tores selbst, zum Teil aber auch von dem Schwungs der bildnerischen Zutaten getragen wird, wenn sie auch erst durch die Nachwirkungen der Schlüterschen Schule möglich waren. Darin übertrifft das Eosandersche Werk selbst sein römisches Vorbild. Bei den Schlössern Monbijou (Abb. 97) und Charlottenburg, bei denen Eosanders Anteil besonders groß ist, entfaltete sich die dekorative Richtung seiner Kunst noch unbeschränkter, obwohl die Kraftlosigkeit seines Stiles in allen Einzelheiten sich bezeugt. Bei dem letztgenannten Schlosse wirkt der Gesamtbau durchaus gewaltig und rhythmisch durch die symmetrische Mittelkuppel. Freilich ist im wesentlichen nur sie auf Eosander zurückzu-
sühren, während für die Grundrißanordnung und für die Fassade zunächst Nehring in Frage kommt.1) Infolge seiner beherrschenden Wirkung hat aber das Schloß im 1 8 . Jahrhundert auf andere Schloßbauten — unter anderen auch auf Schwedt a. d. O. — einen großen Einfluß ausgeübt.
Vertrat de Bodt bei dem Zeughause die französische Schule Blondels, Schlüter die italienische Aunst des Barocks, wie sie sich unter Borromin2) und seinen Vorgängern entfaltet hatte, so suchte Eosander beide Richtungen zu vereinigen. Aber er blieb amAußeren hasten, war er doch wesentlich Zeichner, nicht ein Gestalter, der den Stoff zu meistern wußte! Seine Aunst hat daher trotz ihrer ohne Zweifel monumentalen äußeren Seite etwas Kleinliches, aber auch Kaltes, zeichnerisch Elegantes, das zu seiner Zeit und ihrer kleinbürgerlichen holländischen Grundlage wie Fremdkörper innerhalb der branden- burgischen Lande stand. Auch Schlüters Kunst wurzelt, wie wir gesehen haben, nicht in Brandenburg; aber sie hat unter seinen kraftvollen Händen etwas Bodenständigkeit gewonnen, weil schon die schwere Renaissance des Großen Kurfürsten deutsche Züge an-
1) Nach Nicolai hat Schlüter die Hauptentwürfe gemacht, eine Angabe, die nach Gurlitts Forschungen (Andreas Schlüter S. 111 ff.) auf die beiden Schilderhäuser und wenige bildhauerische Arbeiten im Innern zu beschränken sein dürfte.
2) Gurlitt geht sogar so weit, für das Berliner Schloß einen nunmehr verschwundenen Entwurf Borrominis anzunehmen.
Abb. 97. Schloß Monbijou 17 52 . Von Eosander.
Nach einem alten Stiche.