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empfunden ist. Line wichtigere Frucht der italienischen Reise war. die Bekanntschaft mit dem Reiterstandbilde Marc Aurels, an die manche Eigentümlichkeiten am Denkmal des Großen Kurfürsten gemahnen (Abb. 101). Größer, stolzer, gewaltiger ist in keinem Denkmal der Welt der Herrscherwille eines Großen zum Ausdruck gekommen als in diesem Werke, das in jedem Zuge einen Realismus der Kraft, verbunden mit dem höchsten Ausdruck geistigen Lebens zeigt. Auch ohne die vier, erst 1708 , fünf Jahre nach der Errichtung des Denkmals hinzugefügten Sklaven, die von anderen Künst- lern, aber sicher nach den Angaben Schlüters geschaffen worden sind, wirkt das Denkmal unvergeßlich auf den Betrachter in seiner schlichten Größe.
So fest die Gesamthaltung ruhige würde zeigt, so verrät doch jede Ader, jede Linie verhaltenes Leben; so wuchtig der übergroße Maßstab ist, so leicht wirken die Massen in dem vibrierenden Realismus Schlüters. Dieses Werk wiegt jede verfehlte Unternehmung des Bildhauers auf; es gibt allein, der Periode Friedrichs III. den Adel höchsten Runstringens. Und unwillkürlich denkt man an den Meister, der mit bitteren Empfindungen von der Stätte langer Arbeit schied, um einer dunklen, freudlosen Zukunft entgegenzugehen.
Freilich, wenn nicht alle Stimmen trügen, haben die Zeitgenossen des Meisters diese Größe des Werkes nur unvollkommen begriffen; sie waren für diese Künstleroffenbarung noch nicht reif. Nur wenige Äußerungen liegen vor, und diese vergessen bei dem gewiß nicht unverdienten Lobe des Gießers, der den Meisterguß vollbrachte, beinahe den Künstler, der das Werk schuf. Voller tönt dagegen das Lob jener Werke, die Schlüter für das Zeughaus herstellte, vor allem der Masken sterbender Rrieger. Zn nackter Wahrheit ersteht hier eine Symbolik des Krieges, wie sie furchtbarer und künstlerischer kaum denkbar ist, und doch waltet über der ganzen Reihe, wenn man sie auf sich wirken läßt, eine künstlerische Ruhe, die die Wahrheit der Darstellung verklärt. Nichts ist hier von Brutalität, nichts von Unbehagen über die Opfer des Krieges; nur ein schweres unentrinnbares Verhängnis, das den einzelnen aus der Reihe der Kämpfer reißt, lastet
Abb. 101. Denkmal des Großen Kurfürsten. von Schlüter.
Aus „Stille Winkel der Mark Brandenburg". Vita-Verlag. Berlin.