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von dem Schlüterschen Genius nicht aus ihrer Bahn gelockt wurden. Am meisten befriedigen noch die Kupferstecher, die wenigstens ein scharfes Auge für die Natur bekunden. Der große Abstand zwischen den Malern und den Baumeistern und Bildhauern andererseits ist zu auffallend, um ihn durch einen Zufall zu erklären. Hier müssen ganz bestimmte Gründe walten, die sich in dieser Gruppierung der Künstler äußerten.
Man wird nicht fehlgehen, ihn in der Person des Königs Friedrichs I. zu sehen. Die großen Taten seines Vaters und das Vorbild des französischen Königs hatten ja aus Berlin eine ansehnliche Residenz gemacht. Wie diese alle anderen Städte im Umkreise überstrahlte, so konzentrierte sich die gesamte künstlerische Pflege um den Hof und um den Monarchen. Auch die Maler und Stecher standen unter dem Einflüsse dieses Systems, das weniger auf die malerischen und geistigen Fähigkeiten der Künstler als auf die dekorative Mrkung eingestellt war. Ein Schlüter konnte sich über das System erheben, die anderen blieben ihm unterworfen und fanden allenfalls in dem Porträt ein ersprießliches Gebiet ihrer künstlerischen Tätigkeit. Während aber das Porträt noch unter dem Großen Kurfürsten in der Regel als Teil eines größeren historischen oder allegorischen Gemäldes erscheint, macht es sich unter seinem Nachfolger frei von dieser Fessel und erobert sich einzelne technische Gebiete wie Holz, Email, Elfenbein, Wachs, Bronze — seltener Stein — Malerei und Kupferstich. Nur bei dem letzteren aber gewann es wirklichen Wert, weil es in der Regel nicht unter dem Zwange unmittelbarer Bestellung mit ihrer unvermeidlichen Einengung stand, sondern aus innerem Antriebe und wohl auch mit genügender Muße geschaffen werden konnte. Aber auch trotzdem stand kein großer, alle überschattender Meister in den Reihen der Stecher. Im Grunde genommen waren die Künstler wie im alten Griechenland kaum anderes als Handwerker, und nur ein Hofamt hob sie zeitweise über diesen Zustand empor. Der Vorstand der Königlichen Raritätenkammer, Philippi, äußert sich recht unbillig über den Ehrgeiz eines Stempelschneiders, der seinen Namen auf eine Medaille setzte. Denn „Große Herren haben Ursache, damit Aaloux zu sein. Denn zu geschweigen, daß die Ehre, welche bisher ihnen eigen gewesen durch dergleichen Medaillen ihnen geraubet, und privaten mitgeteilt wird, so waren sie künftig ihrer eigenen Historie nicht mehr Meister und zuletzt würde die postorität durch die eitle Ambition der privaten, welche ihre Namen auf den Medaillen gern perpetuiren wollen und durch die verdammliche Flatterie mit einer ganz falschen histoire metallique betrogen werden."1) Das Dokument erhellt zur Genüge die Lage der Künstler.
Die Sammlungen, die allmählich auf 600 Stück angewachsen waren, erhielten eigene Leiter, unter deren Arbeit sie bald so erheblich an Inhalt zunahmen, daß die „Antiken" ausgeschieden und zu einer besonderen Abteilung wurden. Sie bildeten später den Grundstock unseres Antiquariums.
Übersieht man noch einmal rückschauend die Kunstentwicklung unter dem ersten Preußenkönige, dann sehen wir zunächst einen unmittelbaren Anschluß an die Bestrebungen unter dem Großen Kurfürsten. Dieser Anschluß war um so inniger, als die von jenem nach Berlin berufenen Künstler ruhig weiter wirkten. Auch die Beziehungen
1) v. Ledebur, Bär I, 1876, S. 123.
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