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Die Puritanerkunst Friedrich Wilhelms I.
Wie vieles, was der kraftvolle Monarch gewollt hatte, oft einen gewaltsamen Zug an sich hatte, so waren auch seine ersten Regierungshandlungen auf eine rückhaltlose Einschränkung der künstlerischen Unternehmungen des Hofes gerichtet. Schlüter und Eosander gingen in die Verbannung; mit den Hofchargen wurde auch der Bestand der Künstler eingeschränkt; nur für wichtige Aufgaben behielt der König die Architekten bei, die seinem, auf das Ernste und Schmucklose gerichteten Sinne am meisten entsprachen. Mb der König eine klare Vorstellung dieser einschränkenden Maßregeln auf den Volksgeist gehabt hat, ob er insbesondere die volkswirtschaftlichen Rückwirkungen auf das Handwerk übersah, steht dahin; jedenfalls entsprach sein Verhalten mehr seiner schlichten, jedem Prunke abholden Natur und seiner haushälterischen Sparsamkeit als eingehenden künstlerischen Erwägungen. Als Schlußergebnis aber stellte sich doch auch eine starke Beeinflussung der Kunst heraus, die man nach der oben gekennzeichneten Lage für durchaus wohltuend und notwendig halten muß.
Der Aufwand des verstorbenen Königs für Kunstzwecke hatte mit der Zeit ungeheure Summen verschlungen, die zwar zum größten Teile im Lande blieben, aber doch nur der Residenz zugute kamen. Das Volk trug sie ohne Widerstreben; denn es sah in den Aufwendungen nur den Ausdruck der neuen politischen Stellung der Monarchie und übersah bei der gütigen und leutseligen Natur des Königs das Mißverhältnis zwischen Staatseinnahmen und -ausgaben um so leichter, als ein sehr weitgehendes Prunkbedürfnis sich auch bei den städtischen Schichten entwickelt hatte. Die Staatsfinanzen waren indessen zerrüttet; in absehbarer Zeit würde eins Katastrophe gewaltsam die Entwicklung unterbrochen haben, die jetzt der Nachfolger aus freier Entschließung herbeiführte.
Friedrich Wilhelm gilt im allgemeinen als wenig kunstfreundlich. Menn man jedoch sein Verhältnis zur Kunst vorurteilslos prüft, wenn man namentlich seine warme Anteilnahme für die bauliche Entwicklung Berlins und Potsdams im Auge behält, dann erscheint dieses Verhältnis wesentlich anders. Von den durchaus nicht einheitlichen Kunstanschauungen seiner Zeit stand ihm die klare, straffe und wahre Art der holländischen Meister näher als der prunkvolle französische Barock; jene suchte er in seiner Art zu fördern und stellte sich ihrer Entwicklung zu einer reicheren Ausdrucksform keineswegs entgegen. Er vertrat den Standpunkt des klugen Volkswirtes, der auch in der Kunst ein Gleichgewicht zwischen Anlagekosten und Erzeugnis anstrebt, der also folgerichtig in der Bevorzugung einheimischer Stoffe und Künstler die gesunde Grundlage einer staatlichen Kunstpflege erkannte, der indessen weit davon entfernt war, die inneren Gestaltungsgedanken der Kunst beeinflussen zu wollen. Mir sehen auch in der Tat, daß die Weiterentwicklung der holländischen Kunst Wege einschlug, die sie von denen der kur-
1) Von seiner, in großen Runstfragen durchaus nicht ablehnenden Stellung zeugen die Worte, die er 1 7 30 an den General von Langer richtete: „Ich gebe Euch auf Euer Schreiben zur Antwort, daß der Petri-Thurm so hoch und womöglich noch höher als der Münster-Thurm zu Straßburg gebaut werden soll und will ich die dadurch sich vergrößernden Kosten auch bezahlen." Siehe Borrmann a. a. O. S. 122.