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Gerlach herrührt, zunächst noch unfertige, in ihrer regelmäßigen Gestalt jedoch schon bestimmte Platzanlagen.
Das System dieser Plätze war ja schon durch die regelmäßige Anlage der rechtwinklig sich schneidenden Straßen gegeben. Sie auszubauen und künstlerisch dem Stadtbilds einzufügen, blieb Friedrich dem Großen Vorbehalten. Der künstlerischen Entwicklung der Stadt im Sinne des ersten Friedrich war eine recht feste Schranke gezogen, ja, es schien dem Könige angemessen, den Lustgarten, der sich leicht hätte in einer, dem Garten in Charlottenburg gleichartigen Anlage entwickeln lassen, in einen Exerzierplatz umzuwandeln. Trotzdem zog in der neuen bürgerlichen Baukunst ein Element städtischer Kunst herauf, das selbst diese offenbar begünstigte Nüchternheit zu einem wichtigen Faktor machen sollte. Doch darüber später mehr.
Die Straße ist nicht mehr wie früher ein eigenwilliges Gebilde, das Zufall und Willkür gebildet, sie ist wie die Stadt von dem Staate abhängig von dem Willen des Herrschers. Diese Gmnipotenz des Staatsgedankens duldet nur klare, übersichtliche Linien ; sie bestimmt Rhythmus und Wechsel in der Architektur, wenn sie es auch dem einzelnen überläßt, sein Haus nach Gutdünken zu bauen. Daß dabei keine Ausschreitungen vorkamen, war schon in der Wandlung des Geschmacks begründet, der sich mit einer überraschenden Schnelligkeit vollzogen hatte. Die Architekten des Königs: Gerlach, Böhme, Dieterichs waren durchaus der holländischen Einfachheit zugetan; das gewaltige Wachstum der Stadt — ganze Straßen wurden erbaut — drängte mehr zu einer typischen Ausbildung des Wohnhauses, dessen übliche Dreifensterfront schon seit Jahrzehnten in eine Fünfsensterfront umgewandelt war, als zu dem Ausbilden reicher Fassaden. Freilich hatte der König auch nichts dagegen einzuwenden, daß sich reichere Berliner Bürger und seine Hofbeamten ein umfangreicheres Wohnhaus schufen; im allgemeinen aber tragen die privatbauten durchaus eine schlichte Fassade zur Schau. Im allgemeinen aber wurde das einstöckige Wohnhaus zu dem typischen Stadthaus dieser Zeit.
Am Schlosse gab es nur zu vollenden, was bei dem Tode Friedrichs I. noch unfertig war. Der Hofbaumeisler Jakob Böhme unternahm das mit der Achtung, die sein Können größeren Meistern schuldig war. Im Innern zog sich die Fertigstellung des Weißen Saales noch einige Jahre hin; der sogenannte Silberne Thor des Rittersaales, dessen prunkvolle Einrichtung Friedrich der Große in schwerer Zeit einschmelzen ließ, wurde von dem Goldschmied Christian Lieberkühn sogar erst ein Jahr vor dem Tode des Königs vollendet. Als Königlicher Bauherr zeigte sich indessen Friedrich Wilhelm bei den Kirchen. Bei dem 1713 von Gerlach erbauten Turm der parochial- kirche waren wohl noch Anregungen der Friedrichschen Zeit maßgebend. Dagegen entfaltete sich die neue Zeit an der von Gerlach 1721 errichteten Garnisonkirche. Die furchtbare Explosion, die den Grünebergschen Bau 1720 vernichtet hatte, trug das seinige dazu bei, die Kirche in einfacher, fast schwerfälliger Weise wieder aufzurichten. Kühner und gefälliger war der in Absätzen aufsteigende Turm der von Gerlach 1726—30 erbauten Jerusalemer Kirche. Ein schweres Unheil waltete auf der alten Petrikirche, die 1717 begonnen und durch Blitz 1730 zerstört wurde, bevor sie vollendet war. Auch der Neubau, den ursprünglich Grael leitete und dem Gerlach einen der schönsten Türme Berlins zufügen wollte, litt unter dem Einsturz dieses Turmes und wurde erst später vollendet.