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Kennzeichnend ist es übrigens, daß bei diesen Monumentalschöpfungen die eigentliche Rokokoform völlig zurücktritt zugunsten eines freieren Barocks, der aber durch eine strenge architektonische Schulung stark gezügelt war. Die Königliche Bibliothek mit ihrer geschweiften Fassade, eine ungefüge Wiederaufnahme der Schlüterschen Gedanken von der Royal York-Loge, die fast gleichzeitig mit den Türmen vollendet wurde, ist allenfalls ein Anlauf auf monumentale Ausprägung des Rokokos, der völlig mißlang und nicht wieder ausgenommen wurde, nachdem schon die unter Friedrich II. ausgeführten Militärbauten: 1745—1748 das an
spruchslose Invalidenhaus von Petri, 1764 Kaserne des 2. Garderegiments zu Fuß, 1773 die des Alexanderregiments, beide von dem älteren Boumann, 1776 das Angersche Kadettenhaus, eine zwar etwas nüchterne, ja schwere Herrschaft der ruhigen Groß- sassade proklamiert hatten im Gegensatz zu den oft kleinlichen, aber doch auch wieder reizvollen Rokokofassaden einzelner Wohnhäuser. Die meisten sind freilich wieder verschwunden; wie ein glänzendes Denkmal bürgerlicher Eleganz steht aber noch das Haus Ephraim mit seiner ausdrucksvollen Fassade und seinem hübschen Treppenhaus da (Abb. 116).
Eine Stadterweiterung des 18. Jahrhunderts rechnete mehr mit festen Verhältnissen als die Gegenwart, die sich begnügt, die Straßenzüge und Plätze ohne Rücksicht auf die zu erstellenden Bauten einfach abzustecken. Auch die Berliner Vorstädte waren schon steuerfiskalischen Gründen scharf von dem Außengelände getrennt, was seinen künstlerischen Ausdrück in zahlreichen Toren fand. Diese Tore sollten aber auch zugleich dem bewährten Gedanken der Prospektwirkung dienen. In gerader Linie strebt die Straße auf das Tor zu, das nicht nur in seinen Öffnungen den Verkehr auffängt, sondern auch den Blick von der Horizontallinie der Hausfronten auf sich leitet. Sowohl Gontard wie Anger haben bei ihren Torbauten, deren hauptsächlichste Vertreter, das Oranienburger und Rosenthaler Tor (Abb. ff7), erst zwei Jahre nach dem Tode des Königs erbaut worden sind, durch einen pyramiden- oder obeliskenartigen Mittelaufbau dem Blicke einen sicht-
Abb. 116. Ephraimsches Haus in Berlin.
Nach Aufnahme von bofphokogroph F. Alb. Säiwartz. Berlin 87.
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