Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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König hat nicht allein selbst Entwürfe für einzelne Häuser gezeichnet, sondern er hat auch die Pläne seiner Baumeister bis ins Einzelnste durchgesehen, begutachtet und vielfach mit Abänderungsbestimmungen versehen. Man wird es vielleicht niemals völlig über­sehen können, wie der Mann, dessen Blick in alle Maschen seines großen Regierungs­mechanismus drang, die Zeit finden konnte, sich um Treppen, Balustraden, Vasen und andere architektonische Kleinigkeiten zu kümmern. Und mehr als seinen Architekten lieb war; denn Friedrichs Stellung zu ihnen war selten freundlich; meist war sie von Miß­trauen und seinem eigenen, künstlerisch stark entwickelten Sebstbewußtsein getrübt. Za, er hat durch seine persönlichen künstlerischen Gedanken, denen die technische Unterlage fehlte, oft schweres Ungemach über seine Baumeister gebracht und sich dadurch häufig in die Lage versetzt, ein fertiges oder halbfertiges Bauwerk wieder abbrechen zu müssen,

Abb. 118. Königskolonnaden nach dem Bilde von Gärtner.

nachdem er den Ratschlägen seiner Techniker kein Gehör geschenkt hatte. Darüber ist von diesen bitter geklagt worden; für die Nachwelt liegt aber in dieser Tatsache ein Zeugnis für die eingehende Mitarbeit des Königs an der äußeren Erscheinung der Stadt.

Mit dem Verschwinden des Fachwerkes ist ein strafferer, ein städtischerer Zug in das Bauwesen gekommen, der zum Teil von den öffentlichen Gebäuden, zum Teil auch von den architektonischen Abstufungen zwischen den einzelnen Straßen und Plätzen herzu­leiten ist. Zudem lag in dem von Friedrich Wilhelm I. begonnenen Kanalbau, der bis 1768 von Friedrich II. mit steinernen Brüstungen versehen und vollendet wurde, ein bedeutungsvolles Moment, das von dem Könige in künstlerisch reifer Weise benutzt worden ist; denn die Stadt hat dadurch gewissermaßen eine architektonische Achse gewonnen, von der aus die feinsten Schwingungen der friderizianischen Städtebaukunst in Abhängigkeit erhalten wurden. Schon die wechselvolle Spiegelung der von hohen Laubbäumen be­gleiteten Straße ist von einem so selten schönen Reiz, daß diese Kanalstraße für den König gewiß Veranlassung für die besonders schönen Hausfassaden gewesen ist (Abb. ((st). Auch in