Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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vielleicht auch der Umstand mit, daß nach der Kaltstellung Boumanns die späteren aus- sührenden Architekten, Büring, Manger, Hildebrandt und Unger, mit Ausnahme des letzteren, künstlerisch recht unbedeutend waren und daher am leichtesten mit der neuen Richtung fertig wurden. Sicher steht jedoch, daß durch englische Vorbilder und Entwürfe der Einfluß des englischen Klassizismus aufrechterhalten wurde. Der Entwurf zum Neuen Palais, für das der König sogar besondere Versuchsbauten (Am Kanal 41) erbauen ließ, wurde jetzt ausgeführt; Bürgerhäuser erstanden in großer Zahl in dieser Richtung; sie brachten durch die Verbindung mit dem roten Backstein einen neuen Ton in das Straßenbild, das zudem durch die schweren Verhältnisse dieser Archi­tektur festere Proportionen erhielt. Selbst die hervortretende Neigung der Engländer für die Gotik ist an Potsdam nicht spurlos vorübergegangen; das Nauener Tor mit seinem barocken Einbau1) ist ein zwar wunderliches, aber ästhetisch kaum befriedigendes Denkmal

Abb. 121, Stadtschloß in Potsdam.

Entworfen von Knobelsdorff, ausgeführt von Boumann.

Nach Aufnahme von Hofphotograph Z. Alb. Schwartz. Berlin NW. 87.

widersprechendster Architekturelemente. Immerhin bezeugen diese Bauten eine gewisse Folgerichtigkeit der Entwicklung, wenn sie auch mit der Knobelsdorffschen Zeit nicht verglichen werden dürfen.

Die strenge Ruhe, die dem englischen Klassizismus oft eigen ist, konnte sich auf die Dauer nicht behaupten. Ihr Ende war gekommen, als sich nach dem Schluß des Siebenjährigen Krieges der König vor den Toren sein Schloß Sanssouci erbaute. Er kehrte zu den Anschauungen zurück, die Knobelsdorff vorher am Stadtschlosse vertreten hatte, aber sie waren sowohl künstlerisch nach einer freieren Seite entwickelt, als auch durch den Bauplatz auf einen größeren Alaßstab hingelenkt, was der König mit der Kunst von Sanssouci schuf, war im letzten Sinne eine Landschaftskunst, ein Einschmiegen der Architektur in die örtlichen Landschaftsformen, ein weiterführen ihrer leichten wiegenden und vegetativen Formen in das mathematische Gerüst des Hauses. Eine architektonische

1) Heute durch einen Spitzbogen ersetzt.