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herrührend, dann an der Ungerschen „Alten Post" steigert sich die Kunst durch eine lebhaftere Plastik der Linzelformen; als Untertan mischt sich aber doch schon eine strengere Richtung ein, die den Klassizismus zwar noch nicht aufgeben kann, die indessen bereits aus die stärkere Ausbildung der Wand drängt. Dem Städtebild kam dies außerordentlich zustatten; es scheint, als ob mit der Entwicklung des Zwei- in das Dreistockhaus, mit der Drei- in die Fünffensterfront wieder die Straße über den kecken Einbruch der Landschaftskunst siegen wollte. Der völlige Umschwung trat jedoch erst später ein.
Noch in den Communs, jener in Verbindung mit einer Kolonnade stehenden Erweiterung des Neuen Palais, die Gontard auf Grund älterer Pläne von Legeay 1766 ausführte, waren die Knobelsdorffschen Bauten rein nach dekorativen Gesetzen erweitert, mehr im Anschluß an die Schloßfassaden als in Rücksicht auf den weiten offenen Platz, den sie begrenzen sollten. In der Stadt selbst machten sich stärkere örtliche Einflüsse
geltend, wenn auch der Palast Barbarini (1762) (Abb. rechts) noch die dekorative Richtung behauptete. Bei vielen Bürgerhäusern war der König abhängig von dem rechteckigen Grundplan der Stadt; was er hier aber in vielen, freilich im einzelnen nicht mehr festzustellenden persönlichen Anregungen und Abänderungen erbauen ließ, klammerte sich nicht ängstlich an das Straßensystem an, sondern machte die Architektur zur beherrschenden Macht der Straße, wie es in Berlin bereits seit Jahrzehnten eingeleitet war. Auch in Potsdam fand der beliebte Forumgedanke eine Vertretung in dem Neuen Markte mit dem Rathaus, dem Barbarinischen Palast, der Nikolaikirche und den umschließenden Gebäuden. Es kommt in diesen Häusern eine Neigung zu zierlichen Formen zum Ausdruck, die am reinsten und kühnsten vielleicht in dem Militärwaisenhaus und seiner freien offenen Säulenkuppel herrscht, und die in gedämpfter, fast einschmeichelnder Weise auch bei den Wohnhäusern der mittleren friderizianischen Zeit zu finden ist. So u. a. in dem von Unger erbauten Hause Breite Straße 26/27, das nach einem englischen Vorbilde geschaffen wurde. An dieser Stelle, wo sich die Straße in einer monumentalen Brücke über den Kanal fortsetzt, zeigt sich, wie stark diese Bauten als Teile eines größeren Ganzen gedacht sind, und wie sehr ihre Wirkung abhängig ist von dem architektonischen Gleichgewicht. Dazu gehören in erster Reihe die Breite und Geradheit der Straßen und die fein abgewogenen Höhenverhältnisse der Häuser, die auch bei einer horizontalen Entwicklung jede etwaige Starrheit durch Dachfiguren, ein sehr beliebtes Motiv in Potsdam, mildern.
Aber die Entstehung der friderizianischen Städtekunst sind wir einigermaßen unterrichtet.1) Wir wissen, daß irgendein Stich bei dem Könige den Wunsch entstehen ließ, 1) Durch Manger a. a. O. Das bereits angezogene Buch von Kania sucht die Beziehungen
Abb. 125. Brandenburger Tor in Potsdam. Von Unger.
Nach Aufnahme von Hofphotograph L. Alb. Lchwartz. Berlin NVV. 87 .