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Wohl hatte die residenzliche Kunst in einigen wenigen Werken auch Boden in der Provinz gefaßt, ihr Lebensfaden war doch abhängig von der Sonne höfischer Bestellung. Als der Franzose Antoine Pesne nach Berlin kam, fand er in der Malerei fast keinen einzigen bedeutenden Meister. Ohne Nebenbuhler beherrschte er nicht nur Berlin, sondern die ganze Mark. Leine charaktervollen Porträts waren gesucht und fanden in vielen märkischen Schlössern eine Heimstätte, auch hier neben der ganz anderen Art der Darstellung einen kleinen Ableger der Residenzkunst pflegend. Nach dem 1757 erfolgten Tode dieses hervorragenden Künstlers, dessen außerordentliche Schaffensfreude gerade in der dürren ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Malerei auf der Höhe erhalten hat, war ein völliger Umschwung dieser Kunst eingetreten. Pesnes Stärke lag bei allem lebhaften Farbengefühl, das ihn unmittelbar an die französische Schule anschließt, in der feinen Charakteristik der von ihm gemalten Persönlichkeiten. Er steht darin in unmittelbarem Gegensätze zu der älteren Berliner Schule mit ihren mythologischen Äußerlichkeiten und stellenweis doch recht nüchternen Auffassung des Lebens. Diese ganze Richtung war mit der Renaissance zu eng verknüpft, als daß sie ihren Ausgang hätte überdauern können. Wo es versucht wurde, wie bei dem begabtesten Schüler Pesnes, Bernhard Rode, da endete sie in dem Zwiespalt zwischen Form und Inhalt, zwischen der Naturfreudigkeit Rousseauscher Richtung und konventionellen höfischen Einflüssen.
Rode war ein geborener Berliner. 1727 geboren, lebte er fast durchgehends in Berlin und starb hier 17A7. Er trat die künstlerische Erbschaft des graziösen und geistreichen Antoine pesne an mit der nüchternen, offenen, aber auch fremden Einflüssen zugänglichen Art des Berliners Nicolaischer Richtung. Er hätte nichtsdestoweniger einen größeren Einfluß ausgeübt, wenn er nicht mitten in der Rokokowelt des Großen Königs gestanden hätte, während die bürgerliche Welt einer rationellen Ernüchterung des Lebens zutrieb. Aus dieser nur einer kampffrohen Natur zusagenden Atmosphäre flüchtete sich der fleißige, aber auch weiche Künstler in die ruhigeren Gebiete religiöser Malerei, aus denen er nur ab und zu aus äußerer Veranlassung einen Ausflug zu rein dekorativen Malereien unternahm. In den Schlössern und mehr noch in den Kirchen Berlins zeugen viele Werke von seinem ehrlichen Streben, kirchliche Stimmung mit einer wohlklingenden Farbenskala zu vereinigen. Trotzdem ist seine Kunst nicht volkstümlich geworden, konnte es auch nicht, weil ihm weder die Eleganz und Schärfe pesnescher Charakteristik eigen war, noch auch der auf das Kleine gerichtete naturalistische Zug anderer zeitgenössischer Maler, wie dem als Lehrer an der Akademie tätigen Le Sueur und dem als Stecher Berliner Ansichten bekannten Karl Wilhelm Rosenberg. Mehr Erfolg nach dieser Seite hin hatte eine Frau, Anna Dorothea Theerbusch, geborene Liszewska, deren Vater ein gleichfalls vielbeschäftigter Bildnismaler war, mit ihren Tafelbildern aus der antiken Mythologie und ihren Bildnissen. Ihr hatte der König selbst zu einem Bilde gesessen, was bei der großen Abneigung des Königs eine besondere Auszeichnung war.
Gegen diese Künstler blieb die Tätigkeit der vorübergehend für Berlin arbeitenden Anton Grass, Heinrich Wilhelm Tischbein und der nur bescheidene Leistungen hervorbringenden Amadeus Vanloo, Dubuisson u. a. völlig im Schatten. Nur Karl Friedrich Fechhelm, von dem die Ausschmückung des Ermelerschen Hauses in der