Entwicklung waren doch schließlich in der breiten Frontveränderung der Bevölkerung zu suchen, die abseits der höfischen Kunst noch eine tiefergehende geistige Anregung in der Erweiterung des Horizontes durch die Antike erfuhr. Die Ausgrabungen auf dem Boden Griechenlands verkündeten plötzlich ganz neue Offenbarungen, infolge der manche in der Plastik und auch in der Dichtkunst vertretene Anschauungen verschwanden. Rousseauscher Geist hatte zudem Voltaireschen Esprit überwunden; die zwar schwülen Naturschilderungen eines Saint Pierre hatten auch der landschaftlichen Kunst die Schranken über Schäferspiel und Hirtenscherz hinaus geöffnet und eine neue Romantik auf realer Grundlage geschaffen. Solange sie auf die oberen Kreise beschränkt blieb, gestaltete sie sich in Freundschaftstempeln, Ruinen, Wasserkünsten, antiken Heroenschilderungen, ländlichen Hütten, Meiereien u. dgl. spielerischen Äußerungen aus, sobald sie sich aber durch die deutsche Literatur auch die Bürgerkreise eroberte, gewann eine vaterländische und naturalistische Strömung die Oberhand, wenn sie zunächst auch nur bescheidene Früchte brachte. Aber diese düngten doch den Boden für die grundehrliche und nüchterne, philiströs enge Kunst, mit der das Ich, Jahrhundert schloß und das ch. seinen Lauf begann.
Die neuklassische Kunst.
Das Ende des Rokokos und das Aufsteigen der bürgerlichen Kunst.
Der Schluß des 18. Jahrhunderts war im ganzen noch eine Zeit der Entspannung von den starken Kräften, die fürstliches Wollen auf den höhen der Kultur ins Leben gerufen hatte. Bei dem Tode Friedrichs war die Herrschaft des Rokoko schon unterminiert durch die erweiterte Kenntnis der griechischen Kunst, deren einfache Linienharmonie in einem unmittelbaren und scharfen Gegensatz zu der tändelnden Welt des Rokoko stand. Vereinzelt meldete sich diese neue Offenbarung schon unter Friedrich an. Das Haus Blücherplatz 2 in Potsdam hat solche Züge an sich, die in stärkerer Einfachheit erst unter Gilly zu allgemeinerer Anerkennung gelangten. Auch einzelne Dorfkirchen, wie die in Lässig (Kr. Weststernburg), läßt die Richtung auf eine zwar moderne, doch einfache Gestaltung erkennen. Aber noch fehlte ihr der Rückhalt einer allgemeinen Wandlung des Geschmacks: noch war die höfische Kunst Vorbild für die Provinz.
Eine Wandlung wurde durch äußere Veränderungen eingeleitet, die zunächst von der Bürgerschaft aufgegriffen wurden. Berlin, das zwar Residenz und Handelsstadt war, hatte Ende des 18. Jahrhunderts die bis dahin noch stark vertretene Ackerwirtschaft aus ihren Mauern verdrängt; ein Gewerbe war infolge der zahlreichen königlichen Aust träge entstanden, das seine Erzeugnisse auch in die Bürgerhäuser sandte. Aber mächtiger noch als das Verlangen nach Kultur und Schönheit brandete unter den ziellosen, kaum bewußten Wünschen nach einer Neugestaltung des Lebens das Bestreben nach einer Besserung der wirtschaftlichen Lage. Während noch Friedrichs Kunst in erster Linie politische Ursachen hatte, in zweiter Linie von einem preußischen Patriotismus getragen wurde, der auch stellenweise zu einem deutschen Gemeinsamkeitsgefühl' emporwuchr, hatten die Umwälzungen in Frankreich die Antike mit einer rücksichtslosen Gewalt zur