Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
Seite
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der brandenburgischen Bildhauerkunst ablegt. Es ist das das Grabmal des Grafen von der Mark in der Dorotheenstädtischen Kirche zu Berlin. Der Künstler, soeben aus Italien zurückgekehrt, bekannte sich in diesem klassisch schönen Werke als bedingungslosen An­hänger der Antike, der der flüssigen und graziösen Rokokokunst die ganze Strenge und Lauterkeit warmempfundenen Gebens entgegenstellte, wie das Werk ein Protest gegen den Manierismus war, so war es zugleich ein Zeugnis unablässigen Studiums der Natur und der antiken Bildnerei (Abb. 12 8) .

Eroberte sich die Kunst also nur recht langsam Boden in den bürgerlichen Kreisen, so gewann sie doch in dem Kunsthandwerk einen Herold, der nicht nur hier Ein­gang fand, sondern der auch dem klassischen Kunstgedanken siegreich die Bahn brach. Die Arbeiten in den Königlichen Schlössern waren schon durch die Baumeister zu einem engen Anschluß an die Architektur gedrängt; durch tüchtige Meister, wie den Bildhauern Eben und Sartori, die Stukkateure Gügel und Föhr u. a., verpflanzten sich neue An­regungen in das Gewerbe. In dieser Zeit erstanden die Splittgerbersche und die Stob- wassersche Fabrik, von denen besonders die letztere durch ihre Emaildosen einen euro­päischen Ruf gewann.

Nachdem der alte Tassaert die Augen geschlossen hatte, trat Schadow als Akademie­direktor an seine Stelle. Trotz der Reorganisation durch Friedrich den Großen waren ihre Ergebnisse recht bescheiden. Das war dem für die Kunst warm empfindenden Nach­folger Veranlassung, ihr durch eine Neuordnung 1790 frisches Leben einzuflößen. Von nun an sollten alle Zähre Ausstellungen von Gemälden, Elastiken, neuen Erfindungen und vor allem von handwerklichen Erzeugnissen stattfinden. Sicher ist durch diese Ein­richtung der engere Anschluß des Handwerks an die Kunst der Zeit angebahnt worden.

Es war im Grunde eine wunderliche Zeit, die Zeit um 1 800 . Zn einem fort­gesetzten Laufe war von dem höfischen Kunstleben des ersten Preußenkönigs die Kunst durch die stilleren Jahre seines Nachfolgers hindurch zu der wundervollen Blüte des Rokokos emporgewachsen. Aber sie war eine souveräne Hofkunst, die gerade dadurch sich eng an die Residenzen Berlin und Potsdam anschloß. Friedrich Wilhelms II. halb rokokohafte, halb klassizistische Zeit war schließlich auch nur höfisch gerichtet. Za, sie war es noch ausschließlicher geworden als ihre Vorgängerin, weil das Widerspiel beider Ge­schmacksrichtungen nur äußerlich einen Einfluß auf die Kunstneigungen der Bürgerschaft ausübte. Nach wie vor blickte sie auf die Vorgänge am höfischen Kunsthimmel, um ihre eigenen wünsche danach zu orientieren. Dennoch war der Klassizismus mehr als eine vom winde bewegte Welle auf dem Spiegel des Kunstlebens; er war auch von Kräften ge­tragen, die unter der Oberfläche sich zu regen begannen. Auf der einen Seite hatten die seit Jahrzehnten ununterbrochenen Bestellungen der höfischen Kunst ein traditionsfestes Kunstgewerbe hervorgebracht; auf der anderen Seite war durch die großen Unterneh­mungen eines fast modem angehauchten Unternehmertums ein bürgerlicher Mittelstand geschaffen, der seine Reichtümer in Lebensbehaglichkeit und Kunstfreudigkeit umsetzte. Seine Neigungen gingen indessen nicht, wie die der Ephraim, Gotzkowsky u. a. dahin, den Palastgeschmack der Großen einfach zu übernehmen, sondern sie wuchsen aus der philosophi­schen und humanistischen Zeitrichtung heraus zu einem klassizistischen Geschmack empor, der aber die starre Linie und kalte Dürftigkeit der Antike durch das im Kleingewerbe