münzfähig gewordene Rokoko zu überwinden suchte. Noch war es ja nicht die neue Welt bürgerlicher Schlichtheit, die nur behagliche Wohnhäuser zu schassen suchte, sondern eine Reorganisation des Kunstgefühls zwischen dem Rokoko und einem Kunststil, der zunächst nur eine Einfachheit erstrebte, nicht aber diese Einfachheit aus der konstruktiven Notwendigkeit herleitete. Ihr Zeichen war mehr Nüchternheit als Einfachheit, oder wie in dem Marmorpalais in Potsdam eine rein äußerliche Verbindung zwischen Klassizismus und Zopf, was allerdings zum Teil auf die beiden tätigen Architekten Gontard und Langhans zurückzuführen sein dürfte.
Darin aber fand diese Entwicklung eine durchaus günstige Förderung, daß der Hof keine große Aufgaben stellte. Nach dem Tode Friedrich Wilhelms II. 1797, der zwar anfangs die künstlerische Erbschaft seines Vorgängers anzutreten entschlossen schien, sah sie sich bald durch politische Verwicklungen innerer und äußerer Art daran gehindert. Er war auch künstlerisch nicht gefestigt genug, um in dem europäischen Zwiespalt zwischen Rokoko und den letzten Äußerungen der Renaissance auf der einen und dem hereinbrechenden Klassizismus feste Stellung zu nehmen. Er setzte der Kunst eines Langhans und seiner Schule keinen Widerstand entgegen; aber er fiel bei einzelnen persönlichen Wünschen gern wieder in die tändelnde Formenwelt des Rokoko zurück. Wie zwei verschiedene Welten muten das Brandenburger Tor und die von Genelli d. I., den beiden Gilly, Johann Heinrich Genz, Titel,
Becherer u. a. geleitete Kunst wie die wunderliche Neuruine auf der psaueninsel und die späte Nachblüte des Rokoko in dem reizvollen Belvedere des Schloßgartens in Charlottenburg an, jenem Teehäuschen des Königs, das Langhans antik erdachte, und das doch wieder in die leichten Rhythmen des Rokoko zurückfiel. Wo aber der zeitgenössisch starke Klassizismus siegte, da war er im Grunde eine nordische Antike im Hausmannsgewande, die akademisch-kalt, aber in ihrer Nüchternheit verständlich war, wie die von Genz erbaute „Alte Münze" in der Französischen Straße 1798—1800. Dieser Geschmack gewann darum auch eine große Verbreitung in Berlin, wo durch Nicolai das Bürgertum für eine solche Kunst genügend vorbereitet war (Abb. 1 29 ).
Des Königs Minister, die Haugwitz, Wöllner und Bischoffswerder und andere Hofbeamte standen der Entwicklung noch ratloser oder vielleicht nur teilnahmsloser gegenüber. Schloß Marquardt bei Potsdam hat nur vorübergehend eine kurze Welle der zeitgenössischen Kunst, am dauerndsten in den Gartenanlagen, gespürt. Schloß Groß-Rietz, in dem der Minister von Wöllner residierte, hat in der Inneneinrichtung eine Erinnerung an jene Zeit bewahrt. Es ist, als ob die Besitzer ahnten, daß ihnen nur kurz die königliche Sonne leuchten würde. Wie ganz anders hatten die Minister der früheren Zeit, die Danckelmann, Wartenberg, Derschau, Podewils, Kreuz, Viereck u. a. Anteil an der künst-
Abb. 129. Die alte Münze, von Genz.
Nacb Aufnahme von Sofpbotograph L. Alb. Schwaitz. Berlin NW- 87.
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