>58
ihr Leben gewann. Er war zugleich mit dem größten Architekten der Zeit verknüpft, dessen schönste Werke die innige Verschmelzung antiken Geistes und brandenburgischer Nüchternheit zeigen: mit Karl Friedrich Schinkel.
In Neuruppin stand die wiege dieses Künstlers, der hier 1781 geboren wurde. Er war also geborener Märker, eng verwachsen mit ihrer Landschaft, die er später in vielen Bildern zu schildern wußte. Man nennt ihn den größten Klassiker der Baukunst, obwohl bei vorurteilsloser Betrachtung bei ihm doch manche Seite zur Geltung kommt, die nicht auf das Hellenentum zurückzuführen ist. Aus seinen eigenen Äußerungen, die dem reifen Künstler später ein liebevoller Freund aus seinem künstlerischen und schriftlichen Nachlaß als ein persönliches Denkmal setzte, spricht weit mehr ein kraftvoller germanischer Geist, der freilich in den hellenischen Banden seiner Zeit nur leise und nicht immer klar zum Ausdruck gelangte. Jedenfalls ist die Schinkelsche Renaissance nur zu verstehen, wenn man seine weiche Natur in ihrer malerischen Grundanlage versteht. Denn Schinkel, der bis in die Befreiungskriege vorwiegend Maler war, hatte auch die Schönheiten Italiens in der Hauptsache als Maler kennen gelernt. Diese malerische Grundstimmung, die zudem mit einer starken musikalischen Begabung im Einklänge stand, ist zweifelsohne bei all seinen architektonischen Entwürfen Pate gestanden; nur eine malerische Natur konnte die Architektur so unübertrefflich der Landschaft einstimmen, daß sie — selbst in der griechischen Form — naturgeboren und bodenständig wirkt.
Schinkel hat Griechenland nie gesehen. Das ist wichtig für seine Stellung zum Hellenismus. Wenn er trotzdem der Verkünder griechischer Schönheit geworden ist, wenn er und seine Schüler das Berliner Stadtbild in diesem Sinne bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts bestimmt haben, dann muß er freilich auch wieder in einem sehr engen Verhältnisse zur griechischen Kunst stehen. Die Frage spitzt sich bei einer kunstgeschichtlichen Behandlung dahin zu, ob der Künstler in der griechischen Antike, der die größte Anzahl seiner Werke angehört, die höchste künstlerische Äußerung für unsere Heimat erkannte, oder ob er sie unter gewissen ästhetischen Voraussetzungen nur als gleichwirkend neben der einheimischen Kunst bewertete. Man wird nur das letztere unbedingt bejahen können. Schinkel war, wie das schon wiederholt hervorgehoben wurde, vor allem Maler, und in seinem Gefühlsleben Romantiker. Als junger Mann stand er unter dem Einflüsse des früh verstorbenen jüngeren Gilly, dessen Bauentwürfe er nach seinem 1800 erfolgten Tode ausführte. Italien lernte er auf jahrelangen Reisen als Maler — nicht als Architekt kennen. Als Maler kam er auch zurück und wurde 1815, ohne eigentlich ein hervorragendes Bauwerk ausgeführt zu haben, als Geheimer Oberbaurat an die Spitze des öffentlichen Bauwesens gestellt.
wie wir gesehen haben, neigte sich die Kunstrichtung am Anfänge des Jahrhunderts mehr und mehr dem Klassizismus zu. In Berlin hatte sich Schadows anfänglicher Naturalismus der Antike genähert, der der weg durch Langhans und Gilly gewiesen war; in Rom war Schinkel zudem in den Bannkreis der hellenistischen Kunst Thorwald- sens getreten, aber als reifer Künstler, der den wohlklingenden Rhythmus der klassischen Linie durch das Studium der Landschaft erkennen gelernt hatte, wenn er als Maler nach Naturwahrheit strebte, so wandelte sie sich auf seinen Bildern in eine abgewogene Stilisierung um. Schinkel hatte wohl gefühlsmäßig, wie vor ihm Knobelsdorff, den