Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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der Königin Luise geruht hatte, ist später aus gleicher Voraussetzung geschaffen worden. In ähnlicher weise hat Schinkel auch dem Backstein neue künstlerische Seiten abgewonnen. Vieser einheimische Baustoff hatte nach dem Untergänge der Gotik unter dem Einfluß der Holländer einen neuen und erweiterten Wirkungskreis in Brandenburg gewonnen; aber er war schließlich doch der Mörtelfassade erlegen. Dem scharfen Auge Schinkels war es nicht entgangen, daß dieser Baustoff noch immer eine selbständige künstlerische Auf­gabe erfüllen konnte, ohne sich unter einer Mörtelschicht zu verstecken. Schon die Neue wache, die er 1818 in dem Kastanienwäldchen erbaute, zeigt sich in den rückwärts ge­legenen Teilen als Ergebnis dieser Bestrebungen. An diesem Bau kam zuerst der Schin- kelsche Hellenismus zum Durchbruch, der von dem Knobelsdorffschen Opernhaus über das Langhanssche Brandenburger Tor immer reiner die klare Linienschönheit des Griechen­tums widerspiegelte. Selbständiger tritt sie an dem klassisch schönen Bau der Bauakademie zutage. Hier war von vornherein in dem Baustoffe und in der Aufgabe ein Ziel ge­steckt, das der Künstler nur durch das Hinauswachsen über das geschichtliche Griechen­tum erreichen konnte. Schöner und edler ist kein Ziegelbau in Deutschland erstanden als in diesem Bauwerke mit seiner architektonischen Zurückhaltung, seinen reinen Formen und seinen abgewogenen Verhältnissen. Freilich legte er auch dar, daß der Ziegel nicht das dem griechischen Geiste gerecht werdende Material war. Der glattschichtige Rhythmus der hellenischen Kunst kann nur durch einen in sich einheitlichen und flächigen Haustein allenfalls auch durch Mörtelputz erreicht werden. Die Bauakademie ist daher zwar im griechischen Geiste erdacht, als Ergebnis jedoch ein Renaissancewerk mit starkem per­sönlichen Einschläge. Ihr Einfluß wurde sogar später geradezu für Berlin gefährlich, da sie die großstädtische Neigung förderte, alle Flächen aufzulösen und in dem Ver­blendziegel fast allein den einzigen nationalen Baustoff zu erkennen. Schinkel hat dann auch keinen weiteren Ziegelbau mehr in klassischen Formen geschaffen, mit Ausnahme der wachthäuser am Neuen Tor und dem Militärgefäugnis in der Lindenstraße, bei denen er sich jedoch stark von dem Griechentum entfernte.

Bei den kleinen wachthäusern am Leipziger Platz wandte Schinkel eine putzwand an; dagegen bevorzugte er an allen wichtigen Stellen des Museumsbaues den Haustein. In seiner abgeklärten Ruhe und einfachen Würde zeigt das Museum eine Reife des hellenischen Geistes, den kein neueres Bauwerk im Norden wieder erreicht hat. Daß. Schinkels Blick für moderne Bedürfnisse keineswegs getrübt war, beweisen die treffliche Anordnung und die klare, sachgemäße Ausführung im Innern, besonders die schöne Rotunde, die sich völlig der langgestreckten Fassade anschließt und wieder Mittelpunkt der nach zwei Leiten hin ausstrahlenden Nebenräume ist. Auch bei dem neuen Schauspiel­hause, das an die Stelle des älteren, von Langhans errichteten und s8s7 durch Brand vernichteten Gebäudes trat, zeigte sich der Architekt in der sicheren Beherrschung an­tiker Bauformen und der Methode, sie neuzeitlichen Aufgaben anzupassen. Dieser ge­waltige und trotz seiner Größe meisterhaft gegliederte Bau mit der eindrucksvollen Frei­treppe und der prächtigen Säulenfassade ist in der heiteren Abgeklärtheit der Formen griechisch gedacht und doch eine völlig moderne Schöpfung, wie selbstverständlich und sicher fügt er sich den Gontardschen Kirchen und der Größe des Platzes an, ohne jene zu beeinträchtigen oder auf eigene Haltung zu verzichten! Man muß ihn einmal von der