Hause war. Th. Fontane hat Schadow den preußischen Bildhauer genannt, weil er mit seiner realistischen Kunst an die großen Ereignisse seiner Zeit anknüpfte; man kann ihn besser noch als den Berliner Bildhauer bezeichnen, der als erster Künstler aus der eigenartigen Umwelt der preußischen Hauptstadt emportauchte und die geistigen Regungen der Bevölkerung: scharfe Beobachtung, praktischen Blick und kluges Erfassen des Wesentlichen in seiner Kunst vereinte. Dazu kam als Erbteil seiner dörflichen Vorfahren ein tiefes Innenleben, das seinen nüchternen Realismus von der Überschreitung künstlerischer
Grenzen zurückhielt, ihm freilich auch nur eine verhältnismäßig geringe Entwicklung gestaltete. Es liegt kein großer Abstand zwischen seinem Iugend- werke, dem Denkmal des Grafen von der Mark, den architektonisch empfundenen Metopen des Brandenburger Tores und der in Kupfer getriebenen Viktoria auf demselben Bauwerk, den Reliefs an der Alten (jetzt an der Neuen) Münze, an seinem Wohnhause in der Schadowstraße, den Standbildern Zietens und des Alten Dessauers auf dem Wilhelmsplatze, die deutlich die elementare Großzügigkeit des Künstlers hervortreten lassen im Gegensatz zu den anderen friderizianischen Helden dieses Platzes (Abb. 131).
Auch Schlüter war, wie wir gesehen haben, in seinen besten Schöpfungen der Vertreter einer Berliner Schule, aber sie stand mit ihren Wurzeln in dem geistigen Boden des Barocks und endete mit dem Fortgange des Meisters. Dagegen bildete Schadows künstlerisches Berlinertum nicht den Gipfel einer örtlichen Entwicklung, sondern stand am Anfänge eines besonderen Kunstgeistes, der über ein halbes Jahrhundert hinaus befruchtend gewirkt hat, der sich nicht auf eine tendenziöse Abkehr von dem Manierismus des 18. Jahrhunderts beschränkte, sondern mit seinem Realismus auch andere Kunstgebiete, besonders die Malerei, durchsäuerte. Nur dadurch war schließlich die hellenische Kunst Schinkels bodenständig in der Mark geworden, nur auf diesem Boden war es möglich, daß die Kunst des Realidealisten Schadow ohne Einbuße sich neben einem anderen Künstler behaupten konnte, der in gewissem Sinne der Schadow- schen Kunst entgegenwirkte.
Dieser Mann war der Westfale Christian Friedrich Rauch (1777—1857), der nur wenig jünger als Schadow war und doch gewissermaßen der Erbe und zweite Träger der Berliner Schule geworden ist. Während der erstere sich von seinem sicheren zeichnerischen Gefühl leiten ließ — es war ein starker Bruchteil Chodowieckischen Geistes in ihm! — war Rauch vor allem Plastiker, dessen Entwürfe schon im Entstehen bild-
Abb. 131. Zieten, von Schadow.
Aus Borrmann, "Bau- und Kunstdenkmäler von Berlin".
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