Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
Seite
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lag nur zum Teil an der politischen Unruhe der Zeit; mehr als diese war die Vorstellung hemmend, daß nur ein gewaltiges, der überragenden Bedeutung des Königs gerecht werdendes Denkmal auch zugleich die im Volksbewußtsein nie vergessene Machtstellung des Preußentums verkörpern könne. Nicht weniger als acht Entwürfe sind allein aus Schadows Hand hervorgegangen, ohne den Entschluß zur Ausführung herbeizusühren. Als man sich endlich dazu aufraffte, stand neben dem alternden Schadow unser Rauch auf der höhe seines Könnens. Ihm fiel auch der Auftrag zu, nachdem er bereits in dem Monumentaldenkmal des Königs Mar Joseph I. in München ein Denkmal ge­schaffen hatte, das im Sinne der Zeit der geschichtlichen Bedeutung des Fürsten gerecht wurde. Noch unter den Augen Friedrich Wilhelms III. wurde 1840 de r Grundstein des Denkmals gelegt, das Rauch ein volles Jahrzehnt beschäftigen sollte.

Rauchs Denkmal ist unfraglich ebenso volkstümlich geworden wie Schlüters Kur­fürstendenkmal; aber die Ursachen liegen weniger in ihm selbst, als in der örtlichen Lage, die es oft in den Mittelpunkt patriotischer Bewegungen stellte. In künstlerischer Hinsicht besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden. Schlüters Denkmal wirkt allein durch die imponierende Wucht des reitenden Fürsten; bei dem Rauchschen Monument erscheint der König als die Spitze einer ganzen Reihe von Nebendenkmälern, die ihn zwar wir­kungsvoll «und demonstrativ emporheben, die ihn aber auch nur als Teilerscheinung eines Ganzen zur Geltung kommen lassen. An die einheitliche und kraftgewaltige Wirkigig des Großen Kurfürsten reicht die Rauchsche Darstellung nicht heran, trotzdem sie in ihrer ruhigen Würde einen starken Eindruck macht. Die rein äußerliche Häufung von Persön­lichkeiten ist zu stack, um einen einheitlichen Eindruck zu hinterlassen. Der Gedanke, mit dem Könige zugleich auch seine Zeit zur Darstellung zu bringen, ist an und für sich gefährlich, hier aber besonders störend, weil der vornehmen, zurückhaltenden Künstlernatur Rauchs die dramatische Kraft fehlte, um sie in eine moderne Gigantomachie ausklingen zu lassen. Sein Feld war die Einzelstatue und noch mehr die Schilderung weiblicher Schönheit und Kraft. Davon zeugen seine vielen Siegesgöttinnen und Bildnisse. Auch in den Statuen porcks und Gneisenaus tritt der Mangel entschlossener Initiative zugunsten schöner, bild­nerischer Weichheit stark hervor. Sie waren seine letzten größeren Werke. Zwei Jahre nach ihrer Vollendung schloß er die Augen.

Rauchs künstlerische Bedeutung liegt dann, daß er als ein durchaus selbständiger Künstler eigene Wege ging, unbekümmert um das Schaffen vor und neben sich. Seine ruhige, gleichmäßige, allem Gewaltsamen, aber auch oft allem stürmischen Leben abholde Natur mußte ihn zur klassischen Kunst führen, der er, wo es anging, auch im Zeitkostüm nahekam; er war dabei Realist genug, um auch seelische Bewegungen durchklingen zu lassen. Daher sind seine Bildnisse, deren nicht wenige die Angehörigen des Königshauses darstellen, vortreffliche Werke; in ihnen offenbart sich der Künstler überzeugender und wahrer als seelenvoller Schilderer, als selbst Schadow. Sie lassen uns den Pulsschlag der Zeit besser erkennen als die Schilderungen des nüchternen, kritisch-kühlen Franz Krüger, der als malender porträtist einen sehr großen Wirkungskreis in Berlin gefunden hatte, wenn man die natürlichen Beziehungen im Auge behält, mit denen eine Zeit mit ihren bedeutendsten Persönlichkeiten verbunden ist, dann war Rauch auch der geborene Schilderer seiner Zeitgenossen; aber ihm lag das heldenhafte fern (Abb. 132).