nicht lebendig machen konnte. Doch kam diese Erkenntnis zu allgemeiner Verbreitung erst im 20. Jahrhundert.
Für die pflege des Baugewerbes war unter Becherers Leitung schon 1790 die „Architektonische Lehranstalt" entstanden. Hervorragende Architekten1) wie Gilly, Becherer, Strack, Stiller, Stier u. a., die trotz aller individuellen Richtungen auf den Hellenismus und später auf die Gotik zusteuerten, hatten sie in eine einheitliche Bahn gelenkt. Eine weitere Förderung der stilistisch einseitigen Bestrebungen bedeutete die Pflege des Gewerbes und der Industrie, die infolge der genialen Leitung eines Beuth2) (1781—1855) und der künstlerischen Förderung eines Schinkel einen wesentlichen Anteil an der stilistischen Einseitigkeit der Romantik hatten. Während aber die Baukunst unaufhaltsam einem Eklektizismus auf hellenischer oder gotischer Grundlage zutrieb, blieb das Kunst- gewerbe dem griechischen Vorbild noch lange Zeit treu und schuf Werke, die trotz ihrer ornamentalen Schwere die strenge Logik der Schinkelschen Schule bewahrten. Erst in den fünfziger Jahren erlag es ebenfalls dem Andringen einer mißverstandenen Gotik, die vielfach noch durch die theoretische Führung der Kunstwissenschaft zu einer unnatürlichen Verbindung von alten Formen und neuen Stoffen wie Glas und Eisen kam. Die Gewerbe- und Industrieausstellung, die im Jahre 1844 in Berlin stattfand und in mancher Beziehung eine bedeutsame Tat war, zeigte,wie in einem Hauptbilde die unerfreulichen Ergebnisse dieser Verbindung. Auf der anderen Seite hatte sich in einzelnen Gebieten noch ein recht beachtenswerter Hausfleiß erhalten, der freilich schon stark erschüttert und in dem bürgerlichen Mittelstände zu einer recht schwächlichen Künstelei verflacht war.
Alles in allem jedoch ist die Zeit der Romantik eine künstlerisch erfreuliche, wenn sie auch mehr eine Sonnenuntergangs- als -aufgangsstimmung war. Insbesondere konnte sie nicht den hochgespannten Erwartungen des Königs entsprechen, der an und für sich schon aus äußeren Gründen mancher Hoffnung entsagen mußte. Die Romantik trug schon den Keim des Niederganges in sich, bevor sie unter dem Schutze des königlichen Förderers das märkische Kunstleben durchsäuern konnte. Der Feuerbrand, der sie — nicht ohne politische Absicht — emporgelodert hatte, verzehrte sie selbst und machte den Weg frei für eine andere, keineswegs wärmere Kunstanschauung. Die feinsinnige Künstlernatur des Königs fand in der Welt der Tatsachen überall Widerstände, die zu überwinden ihr die nötige rücksichtslose Kraft fehlte und auch die Entschlossenheit, seine persönliche Kunstanschauung zur Geltung zu bringen. Er mußte es auch erleben, daß die von ihm vertretene malerische Richtung überall im Aurückweichen begriffen war zugunsten einer Kunst, die der vornehmen Einfachheit der Romantik durchaus ent- gegenstand.
1) Schinkel gehörte nicht zu dem Lehrkörper dieser Anstalt, die nach der vorübergehenden Bezeichnung „Allgemeine Bauschule" den ersten Namen wieder zurückerhalten hatte; jener aber hatte infolge seiner Bautätigkeit einen großen Einfluß auf die Schule. Aus ihr ist die spätere Bauakademie, die heutige Technische Hochschule hervorgegangen.
2) Er gründete das Gewerbeinstitut in Berlin und eine Anzahl von Gewerbeschulen in den Provinzen.