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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Sowohl in der durch Farbe und Plastik gleichmäßig abgestuften rhythmischen Wirkung, als auch in der überzeugenden Klarheit des Baugedankens steht dieses Werk vielleicht an der Spitze des gesamten baukünstlerischen Schaffens der Wilhelminischen Zeit. Bei der fast unübersehbaren Reihe von großen Monumentalbauten, die gerade in den letzten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts in Berlin entstanden (Bodenkredit-Aktienbank und Mitteldeutsche Kreditbank von Ende [18291 907] u nd Böc km ann [18321902] Generalpostamt von Schwatlo) ist das Kunstgewerbemuseum wohl die letzte bedeutsame Äußerung des Schinkelschen Geistes in Brandenburg. Unaufhaltsam trieb die Entwick­lung dahin, die von der Neu­renaissance eingeschlagenen Wege der Überfülle, der Häu­fung von Einzelheiten, der sportmäßigen Anwendung von Giebeln, Türmen, Säulen, Freitreppen und anderen Re­quisiten bis zur kulissenartigen Hohlheit zu verfolgen. Ver­gebens kämpften einzelne ein­sichtige Kunsthistoriker wie der Berliner Julius Lessing und der Hamburger Alfred Lichtwark gegen diesen Formentaumel, den gerade die Kunstgeschichte mit ihren vie­len Vorlagewerken am kräf­tigsten unterstützt hatte, ver­gebens stemmte sich die staat­liche Baupflege mit einzelnen Werken, wie der Lucaeschen Technischen Hochschule, gegen diese Auswüchse. Eine völlige Verwilderung brach besonders in der Privatbaukunst herein. Die ungeheure Mehrheit aller bis Ende des Jahrhunderts erstandenen Bauten bezeugt ein völliges Darniederliegen jeder künstlerischen Schöpferkraft. In dieser Ode ragen selbst die schematischen und künst­lerisch recht dürftigen städtischen Bauten hervor, die in dem Stadtbaurat Blanken­stein (18281910) einen einseitigen, aber doch zielbewußten Leiter hatten. Der Absturz von der lauteren Gesinnung der sechziger Jahre war so groß, daß selbst die rasch empor­wachsenden Vorstädte mit amerikanischer Dürftigkeit angelegt wurden, während noch unter Friedrich Wilhelm IV. eine städtebaulich so hervorragende Anlage wie der Alsen- platz mit der schönen Alsenbrücke entstehen konnte, wurden jetzt die großen städtebaulichen Anlagen vorwiegend von dem Geometer erledigt.

Abb. 137. Mittelteil des Pringsheimschen Hauses. Von Ebe und Benda.