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greifen. Nach dieser Richtung hin entscheidend wurden zwei Reisen: die eine 1728 an den Dresdener, die andere (733 an den Braunschweiger Hof. Beide vermittelten ihm die Bekanntschaft mit gut zusammengesetzten (Orchestern, mit ausgezeichneten Virtuosen und glänzendem italienischem Opernwesen. Die Wirkung auf den empfänglichen Prinzen war so außerordentlich, daß die Einrichtung einer ähnlichen Hofmusik sein Lieblingsgedanke wurde. Einstweilen, solange der Vater am Leben war, konnte an die Durchführung des Plans nicht gedacht werden. Einen vorläufigen Abschlag mußte eine kleine Hauskapelle bieten, die er sich in den dreißiger Jahren in seiner Aronprinzenresidenz Rheinsberg zusammenrief. An Zahl nicht sehr groß — etwa ein Dutzend Wann — schloß das Orchester Wusiker von größter Bedeutung ein: die beiden Graun, Johann Gottlieb und seinen berühmteren Bruder Karl Heinrich, den Friedrich sich von Braunscbweig hatte abtreten lassen, den Dresdener Theoretiker und Flötisten Johann Joachim uanz, seinen bekannten Flötenlehrer, die Geigerfamilie Ben da, den Theoretiker und Lautenisten Ern st Gottlieb Baron. Freilich mußten all diese Künstler in den Rechnungsbüchern der kronprinzlichen Hofhaltung als Kammerdiener geführt werden, um dem wachsamen Auge des Königs zu entgehen.
Nach Friedrich Wilhelms Tod gehörten die Vorbereitungen zur Gründung einer Oper zu den ersten Regierungshandlungen des neuen Königs?) Karl Heinrich Graun wird noch Italien geschickt, um Länger anzuwerben, und Knobelsdorfs baut ein prächtiges Theater. Friedrich kann die Fertigstellung nicht erwarten; mitten aus den Kämpfen des Lchlesischen Feldzugs drängt er einmal über das andere seinen Baumeister. Trotzdem ist das Gebäude bei der Rückkehr noch nicht fertiggestellt. Gleichviel; im Schloß wird in aller Eile ein Laal hergerichtet, um die inzwischen eingetroffenen Länger zu probieren. Km (2 Khr mittags am ((. November >741 zieht der König ein; um 7 Khr wird bereits gespielt.
Am 7 . Dezember (743 wurde das neue Opernhaus mit einer Aufführung von Grauns „Oosaro o Olsoputra" eingeweiht; im Januar folgte Hasses „Tu (Nomonen äi Tito". Dainit schloß die erste Opernsaison. Die Organisation der höfischen Oper jener Tage war wesentlich von der heutigen verschieden. Wan spielte nicht das ganze Jahr hindurch, sondern lediglich während des Karnevals, also in den Wonaten um die Jahreswende. Zu jedem Winter wurden zwei, höchstens drei Merke einstudiert, deren Aufführungen an ein' paar Tagen der Woche stattfanden, in Berlin zunächst Wontags und Freitags. Demgemäß wurde das Längerpersonal gewöhnlich nur auf einen Karneval engagiert. Ähnliche Verhältnisse herrschen heute noch in Italien. Die Vorstellungen selbst waren Hoffestlichkeiten: die Wehrzahl der Plätze wurden von den geladenen Gästen eingenommen, dem Hofstaat, den Gesandten, Winistern, Offizieren und Beamten. Die Parterrelogen standen den durchreisenden Fremden zur Verfügung — noch heute haben wir die Bezeichnung Fremdenloge —, der dritte Rang endlich den Einwohnern. Ein Eintrittsgeld wurde nicht erhoben; die Kgl. Kabinettskasse bestritt alle Kosten, von denen
i) Vgl. für die erste Zeit — bis 180 S — L. Schneider, Geschichte der Oper und des Kgl. Opernhauses in Berlin. Berlin 1852.