Part 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Place and Date of Creation
Page
379
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image

379

als eine Deutsche in seiner Oper zur Primadonna zu haben. Endlich gelang es, Friedrich zu einer Probe zu bewegen, die dann zur Anstellung führte. Ganz Europa war in der Bewunderung ihres Gesanges einig; leider hielt aber ihre Darstellungsgabe mit dem Singen nicht gleichen Schritt. Anfangs ging alles gut; die Schmehling und mit ihr der Aastrat Giovanni Tarlo Eoncialini wetteiferten ihr Bestes zu geben. Aber schon nach zwei Jahren ergaben sich Mißhelligkeiten: sie will den rohen, trunksüchtigen Gelüsten Mara heiraten; der Aönig und die Freunde raten dringend ab; endlich setzt sie ihren Willen durch. Nun beginnt ein Leben der Sorge, Angst, Geldnot und Verbitterung; Berlin ist ihr verleidet, die Oper gleichgültig geworden; schließlich gelingt es ihr zu entfliehen?)

So war auch diese zweite Blütezeit rasch vorbeigezogen. Als Friedrich im Jahre 1775 den damals erst 24jährigen JohannFriedrich Reichardt, einen Aönigs- berger, an Agricolas Stelle zum Aapellmeister ernannte, konnte man hoffen, daß neues Leben in das alte Jaus ziehen würde. Die Persönlichkeit des seingebildete», tempe­ramentvollen und jugendkräftigen Musikers, der überdies sich rasch die Gunst seines Herrn zu verschaffen wußte, schien ganz geeignet, die Königliche Oper aus ihrem Schlaf aus­zurütteln. Aber die Hoffnung wurde getäuscht. Friedrich bediente sich seines Aom- positionstalents nicht; Hasse und Graun mußten nach wie vor im ganzen das Repertoir bestreiten, und Reichardt wurde nur zum Umarbeiten und Flicken verwendet. Nicht nur sein Schaffen wurde lahmgelegt. Das Orchester, dem er vorgesetzt war, genoß zwar trotz des Verlustes bedeutender Mitglieder wie GeorgBenda und AarI Philipp Emanuel Bach immer noch den Ruf einer ausgezeichneten Aapelle, aber die Musiker waren alt und bequem, und durch die ausschließliche Beschäftigung mit Friedrichs beiden Lieblingskomponisten einseitig im Vortrag geworden. Naturgemäß stieß der junge Reichardt mit seinen Reformbestrebungen hier auf den heftigsten Widerstand, und es kam zu argen Reibereien, in die der Aönig, müde geworden, sich nicht mischen mochte. Genug, Reichardts Wirken war von keinem Erfolg begleitet. Er gab es am Ende auf, irgend etwas am Bestehenden zu ändern, und brachte jahrelang im Ausland zu, um neue Eindrücke zu sammeln und seine Opern aufzuführen.

Reichardt war eben wieder auf dem Wege nach Paris zur Einstudierung seines Tamerlan", als ihn die Nachricht vom Ableben Friedrichs des Großen traf; in größter Eile reiste er zurück und kam noch rechtzeitig genug, um die Trauermusik, denOuutus InKubris") für die Totenfeier zu schreiben.

An Aönig Friedrich Wilhelm II. knüpften sich die Hoffnungen derer, denen die altersschwache Oporu ssriu, das einseitige Festhalten einer unzeitgemäß gewordenen Richtung nichts mehr zu bieten- vermochte, derer vor allem, die das hochgestelzte Pathos all der lebensfremden Artarerxes, Lucio Papirio und Tajo Fabricio nicht

9 B. v. Riesemann, Line Selbstbiographie der Sängerin Gertrud Elisabeth Mara. Allg. Musikalische Zeitung X, >875, Nr. 5240. A. Niggli, Gertrud Elisabeth Mara. Line deutsche Künstlerin des >8. Jahrhunderts. Sammlung musikalischer Vorträge Nr. 30. L. Scherer, Gertrud Elisabeth Schmehling und ihre Beziehungen zu Rudolf Erich Raspe und Larl Matthaei. Lin Beitrag zur Lebensgeschichte der Künstlerin in den Jahren >766>774. Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft lX, > 895 , S. 99 .