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Stücke, piccinis „Nacht" und Guglielmis „Robert und Talliste". Diese ausländischen Werke wurden natürlich in deutscher Sprache aufgefichrt. Die größte Beliebtheit von allen Singspielen erlangte Hitlers „Jagd"; 40mal hintereinander konnte sie gegeben werden. Noch mußte dreimal wöchentlich Singspiele geben, da die gesprochenen Schauspiele höchstens von 50 Personen besucht zu werden pflegten. Als H775 Döbbelin aber- - mals an die Spitze des Berliner Theaters trat, mußte er seinen früheren Widerstand gegen das Singspiel aufgeben. Unter ihm beherrschte es das Theaterlebm in dem Maße, daß z. B. im Jahre 1783 15 f Singspielaufführungen stattfanden.
Den größten Erfolg hatten die Stücke des Döbbelinschen Musikdirektors Johann Andrö aus Vffenbach, des Begründers der bekannten Verlagsanstalt, namentlich „Erwin und Elmire" in der Goetheschen Dichtung. Eine Erweiterung des Singspiel- repertoirs bot die Aufnahme des neugeschafsenen Melodramas, dessen Erfindung Georg Benda, der frühere Berliner Kammermusikus und spätere Gothaer Kapellmeister, für sich in Anspruch nimmt, wenn schon Jean-Jacques Rousseau ein Jahr vor ihm in seinem Pygmalion ff773) den Typus festgelegt hatte. Bendas und Bernhard Anselm Webers Mono- und Duodramen, auf die letzten Endes Stücke wie die Kerkerszene im Fidelis, die Beschwörung im Freischütz und der ganze Sommernachtstraum zurückgehen, erlangten eine große Beliebtheit, wenngleich die Gattung ästhetisch höchst anfechtbar ist; besonders herrschten in Berlin lange Jahre hindurch „Ariadne auf Naros" und „Medea". Döbbelin bemühte sich auch, sein Personal mehr und mehr zu vergrößern und zu verbessern. In den Sängerinnen Semler und SophieNiclas und dem Tenoristen Murschhäuser gewann er ausgezeichnete Vertreter der ersten Rollen, und als es ihm gelang, bei der plötzlichen Auflösung der französischen Hofkomödie das ganze Orchester zu übernehmen, konnte er sich getrost mit der Königlichen Gper messen. Den letzten Schritt in dieser Richtung bildete die endliche Aufführung größerer deutscher Opern, deren Reihe 1780 mit Wieland-Schweitzers „Alceste" einsetzte.
Die deutsche Opernbühne in Berlin hatte sich rasch aus einem kunstlos und widerwillig singenden Komödiantenensemble zur hervorragenden Operngesellschaft herausgebildet, ihre Darbietungen hatten sich von den possenmäßigen Anfängen des Singspiels bis zur deutschen Nationaloper gesteigert. In gleichem Schritt mußte sich das Publikum verbessern. Gehörten anfangs nur die unteren Schichten der Bevölkerung und der mittlere Bürgerstand dazu, so wandten sich auch allmählich die gebildeten Stände der deutschen Bühne in demselben Maße zu, als die Italienische Oper in Stagnation geriet. Schließlich konnte man dort die Hofgesellschaft und selbst Mitglieder des königlichen Hauses treffen, ja, die Gemahlin des Königs befahl die Truppe ins Schloß, um Bendas „Ariadne" zu hören.
Es war der Schlußstein einer großen Entwicklung, als Friedrich Wilhelm II. unmittelbar nach seinem Regierungsantritt die Döbbelinsche Bühne zum Königlichen Nationaltheater erhob, ihr das ehemalige französische Komödienhaus am Gendarmenmarkt einräumte und einen jährlichen Zuschuß von 6000 Talern gewährte. Die Erlaubnis, sich der Kostüme und Dekorationen der Italienischen Oper und bei Neuanschaffungen des Königlichen Dekorationsmalers Verona zu bedienen, vervollständigte die Gleichstellung