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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Auch die großen Sänger, voraus der Tenorist TarI Adam Bader, Anna PaulineMilder-Hauptmann und Iosefine Schulz bildeteri sich erst unter Spontinis Einfluß zu Darstellern des höchsten dramatischen Stils. Rechnet man dazu den Lpielplan, in dessen Vordergrund außer Spontinis eigenen Werken die Schöpfungen Glucks, Mozarts, Beethovens und Lherubinis, ja selbst die dem Meister fernerstehenden Opern Webers und Spohrs standen, so muß zugegeben werden, daß die Epoche l 8201840 den Höhepunkt der neueren Berliner Gperngeschichte bildet. In diese Zeit fällt das bedeutsamste deutsche Opernereignis der vorwagnerischen Tage, die Erstaufführung desFreischütz" am 18. Juni s 82 s mit Heinrich Stümer als Mar und Aaroline Seidler als Agathe. Berlin ist die Wiege des beispiellosen Erfolges unserer volkstümlichsten Nationaloper.

In den ersten Jahren der Ara Spontini hatte die Intendanz den versuch gemacht, der leichten italienischen und französischen Muse der Restaurationszeit, vor allem den Werken Rossinis und Anders Eingang zu verschaffen, ohne daß man vermocht hätte, dem Publikum dieses Genre schmackhaft zu machen; man war in Berlin Edleres gewöhnt. Da wurde s824 das Königstädtische Theater eröffnet, das in Henriette Sontag und dem Bassisten Joseph Spitzeder Sänger besaß, über denen das breitere Publikum die Milder und Bader vergaß. Unwiderstehlich rissen sie die Berliner in die lockenden Nichtigkeiterl Rossinischer Kunst hinein und entfremdeten sie dem edleren Spiel­plan Spontinis. Sicher hat das Königstädter Theater den Geschmack verdorben ; es ist indessen keine Frage, daß über kurz oder lang die Modeoper auf ihrem Siegeszug auch ohne diese Bühne in Berlin festen Fuß gefaßt hätte. Schon lange bevor s848 das Aönig­städter Theater einging, hatte seine Kunstrichtung die Hofbühne erobert.

Dennoch waren die nationalen Aufgaben nicht vergessen. s82st wurde Marschners Templer und Jüdin" zum ersten Male aufgeführt und damit dem Meister das Wort erteilt, der die Brücke von Weber zu Wagner geschlagen hat. Zwanzig Jahre später setzte sich die Königliche Oper für desselben KünstlersSchloß am Ätna" ein (1838), ohne indessen einen breiteren Erfolg zu erzielen. Meyerbeer, der seit 184-2 als Nachfolger Spontinis Generalmusikdirektor war, ist in der Liste der Erstaufführungen nur mit seinem patriotischen Festspiel, zur Einweihung des neuen Opernhauses am 7. Dezember s844,Das Feldlager in Schlesien", vertreten, das später umgearbeitet unter dem TitelDer Nordstern" bekannter wurde. Den dürftigen Text hatte der Kritiker der vossischen Zeitung Ludwig Rellstab versaßt. In der Hauptrolle der vielka errang die angebetete Jenny Lind,die schwedische Nachtigall", ihren ersten großen Erfolg. Fünf Jahre darauf brachte die Hofbühne die feinste deutsche Lustspieloper des Ist. Jahrhunderts nächst den Meistersingern,Die lustigen Weiber von Windsor", zur ersten Aufführung, deren Komponist Otto Nicolai in seinen beiden letzten Lebensjahren 18474 84-st an der Königlichen Dper als Kapell­meister wirkte. Hiermit ist im wesentlichen die Liste der wichtigsten Unternehmungen ge­schlossen. Auf der anderen Seite muß anerkannt werden, daß das Niveau der Dar­bietungen allen Schwierigkeiten zum Trotz fast stets sehr hoch gewesen ist. Nicht immer konnte sich die Berliner Oper eines Ensembles rühmen wie etwa im Jahre 1870, mit Paul ine Luc ca als Vertreterin des alten Gesangsstils .und Mathilde