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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Mailing er, Marianne Brandt/) Albert Niemann und Franz Betz als Kündern einer neuen Zeit, aber kaum je hat es einen wirklichen Tiefstand gegeben, heute haben wir den Ruhm, in der Königlichen Kapelle vielleicht das beste Orchester der Welt zu besitzen.

Wie einst im 18. Jahrhundert Döbbelin und Koch der Großen (Oper der hof­bühne das bescheidene Singspiel gegenübergestellt hatten, so schuf sich gegen die Mitte des ih. Jahrhunderts das Berliner Volk ein Operntheater, das seine Bedürfnisse nach der Seite des komisch-sentimentalen nationalen Singspiels hin befriedigen sollte. Diese Bühne war das Friedrichwilhelmstädtische Theater und die hervorragendsten an ihr tätigen persönlickkeiten der berühmtePostillon von Lonjumeau" Theodor Wachtel und der Kapellmeister Albert Lortzing, dessen Werke noch heute die lebendigsten Vertreter der deutschen Spieloper aus der Mitte des vorigen Jahr­hunderts sind; freilich hatte Lortzing seine besten Jahre damals schon hinter sich. Schon diese Bühne nahm bald den Weg, den alle Berliner Vpernunternehmungen neben der Königlichen nehmen, den zur Operette. 1860 zieht Vffenbach ein, und Strauß, Lecoq, Suppo, Millöcker folgen.

Seither haben sich Opernunternehmungen neben der Hofbühne in Berlin nur mit Mühe und meistens nur kurze Zeit halten können. Eine wirkliche Bedeutung hat allein die vor wenigen Jahren gegründete und bereits wieder eingegangeneKomische Oper" unter der Leitung HansGregors erlangt; vielversprechend setzt das Deutsche Opern­haus in Lharlottenburg ein.

Ronzertwesen.

Die musikalischen Gesellschaften, die zu Ende des 17. Jahrhunderts allerorten in Deutschland entstehen, sind vorzugsweise eine Reaktionserscheinung. Abgesehen von Vereinigungen, die einen bestimmten Zweck, etwa die Verschönerung des Gottesdienstes, wie die sächsischen Kantoreien, verfolgten, waren diese Gesellschaftsgründungen innerhalb der Bürgerschaft Akte der Eigenhilfe einer immer selbstbewußteren und kulturell selb­ständigeren Bürgerschaft gegenüber dem ihr innerlich fremden, meist nur äußerer Repräsentation dienenden Musiktreiben der Höfe. In einer Zeit der Ausländerei, in der die romanische Kunst nicht nur in den Opernhäusern der Fürsten, sondern selbst in den Kirchen herrschte, stellen sie den Willen der Nation zur eigenen Musik dar.

In Berlin trat die oppositionelle Seite des Gesellschaftswesens insofern zunächst zurück, als das Gegenspiel gänzlich fehlte. Als um das Jahr 172^ der Domorganist und Schullehrer Gottlieb Hayne mit Schülern und Erwachsenen im Domschul­hause in der Brüderstraße regelmäßige Singübungen veranstaltete, war eine Oper über­haupt nicht vorhanden und die Kirchenmusik gänzlich belanglos. Der Samen, den Hayne in kahler Zeit auswarf, kam nicht um. Sein Amtsnachfolger Johann Philipp Sack konnte diesen frühesten Berliner Gesangverein bis zu seinem Tode im Jahre 1763 halten; erst dann scheint sich die Gesellschaft aufgelöst zu haben. In den fünfziger Jahren vereinigte Sack außerdem instrumentespielende Dilettanten zu einem OoIleKium

') Vgl. La Nara, Musikalische Studienköpfe V.

Brandenburgische Landeskunde. Bd. IV.

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