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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Zufall. Seit einem Msnschenalter schon war das volksmäßige Lied, das in der Lieder­tafel gepflegt wurde, in Berlin heimisch, ja im wesentlichen hatte es von hier aus seinen Weg genommen. Zm Rahmen des Singspiels zwar hatte schon Hiller in den sechziger Jahren den Volkston getroffen. Die eigentliche bewußte Volksliedbewegung indessen, die letzten Endes auf Herders Anregungen zurückgeht, hat auf märkischem Boden den ersten Anstoß und die erste Förderung erfahren. Zohann Abraham Peter Schulz, damals Kapellmeister des Prinzen Heinrich in Rheinsberg, veröffentlichte im Jahre l?82 feineLieder im Volkston" bei Decker in Berlin. . Ungefähr in die gleiche Zeit fallen die schlichten Lieder Johann Friedrich Reichardts. Zelter ist der dritte Hauptvertreter dieser sogenannten Berliner Schule. Auch die erste Sammlung alter Volksmelodien, von Friedrich Heinrich von der Hagen und Büsching, erschien 1807 in Berlin. So war hier der Boden für ein ehrliches und kerniges Musizieren geebnet.

Nach dem Vorbild der Zelterschen Liedertafel entstanden bald andere Vereinigungen ähnlicher Prägung, die aber meistens einen weniger exklusiven Tharakter tragen. Frankfurt a. d. <D. erhielt nächst Berlin die erste Liedertafel, 1826 auch Potsdam und l832 Brandenburg. Zn Berlin selbst wurden neben der alten Tafel noch andere ge­gründet; von allen die beste war nach Zelters eigenem Urteil die sogenannte jüngere, die f8l9 von dem Komponisten Ludwig Berger und dem Musikdirektor Bern­hard Klein gestiftet wurde, aber schon anfangs der sechziger Zahre einging. Der 182st von Musikdirektor Julius Schneider gegründete Berliner Lieder­verein gehört ebenfalls hierher. Von der Mark aus verbreitete sich das Liedertafel­wesen über Norddeutschland.

Zm Gegensatz zu dieser aristokratischen Form des Männergesanges in Norddeutsch­land stand die demokratische Männergesangpflege in Süddeutschland, die nur ein Zahr jünger ist als die Zeltersche. Hatte der Berliner Meister wenige erlesene Männer der höheren Klassen zu musikalischer Geselligkeit vereint, so strebte der Schweizer Nägeli danach, den Männergesang zu einem gewaltigen, alle Volksschichten umspannenden nationalen Bindemittel zu gestalten. Dieses süddeutsche Thorwesen, das seinen höchsten Ausdruck in imponierenden Massensängerfesten fand, erhielt bei uns erst verhältnismäßig spät Eingang. Es hatte in der Mark zwei verschiedene Ausgangspunkte: die Lehrer und die Handwerkervereine. 1833 verschmolz der Musikdirektor Schärtlichin Pots­dam 30 kleine märkische Lehrergesangvereine zumMärkischen Lehrergesangverein" und veranstaltete mit diesem in Potsdam große Sängerfeste, die bis zu -xoo Teilnehmer zählten. Zn den Handwerkervereinen und verwandten Organisationen, die bei uns anfangs der vierziger Zahre zur Hebung der unteren Volksschichten ins Leben gerufen wurden, wurde auch der Lhorgesang als ein Mittel dazu gepflegt. Zn Berlin knüpft sich diese Be­wegung an den Namen des Musikdirektors Franz Mücke, der die Sängerschaft des Berliner Handwerkervereins bis zu dessen polizeilicher Auflösung im Zahre s851 leitete. Von ihm ging der Gedanke aus, die Handwerkerchöre der Mark Brandenburg alljährlich zu einem großen Volksgesangfest zusammenzubringen und so den märkischen Männergesang nicht nur in den Dienst der Volksbildung, sondern auch des nationalen Einigungsgedankens gleich dem süddeutschen zu stellen. Er brachte im Zahre 18^7 in