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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Zum Schlüsse unserer Übersicht der wichtigsten Gesangvereine und Orchester muß noch kurz der beiden Gesellschaften gedacht werden, die sich beider Faktoren zu Auf­führungen großen Stils bedienen, der vereinigten Wagnervereine von Berlin und Potsdam und der Gesellschaft der Musikfreunde. Die Bedeutung der ersteren ist stark zurück­gegangen, da sie nur ausgetretene Gleise befahren und dem Musikleben keine neuen Pinpulse mehr geben. Die andere, die erst lstO? gegründet worden ist, verfolgte unter ihrem ersten Dirigenten Oskar Fried das Ziel, nur neue und wenig aufgeführte Werke zu bringen, hat aber jetzt unter dem Druck der Verhältnisse auch häufig gehörte Lieblinge des Publikums in ihr Programm aufnehmen müssen.

Kammermusik ist in Berlin ziemlich regelmäßig in -er Öffentlichkeit getrieben worden, seitdem F. Ben da H 709l 786) das Publikum mit der älteren Literatur dieses Gebiets bekannt gemacht hatte. I. p. Salomon (s7H518^5) führte neben Bachs Werken für Violine allein auch die Arbeiten Haydns ein. Von Möser, einem Enkelschüler Bendas, und seinen (Zuartettsoireen, war bereits die Rede. Nennen wir die Auartettunterhaltungen" der Königlichen Kammermusiker Zimmermann, Ronneburger, Richter, Espenhahn, die Veranstaltungen des Pianisten Deker mit den Geb r. Stahlknecht, Zimmermann und Steiffen- sand, das Trio Löschhorn-Gebr. Stahlknecht, das Duo Radecke- Grünwald, das Trio Bülow, Laub, Wohlert und endlich das Laub­quartett Laub, Radecke, Wüerst, Bruno das bereits in jedem Konzert als Nr. 3 eins der letzten Beethoven brachte so haben wir das Hervorragendste, was Berlin bis in die sechziger Zahre an Kammermusik zu bieten vermochte. Mit dem Zoachimquartett wurde dann ein Höhepunkt erreicht, der bisher nicht über­schritten worden ist.

Die Zahl der Solistenkonzerte in Berlin ist immer mehr gestiegen, je größer die Bedeutung der Stadt wurde; sie ist namentlich seit der deutschen Einigung unübersehbar geworden. Ein Eingehen auch nur auf die Hervorragendsten in der Flut dieser Virtuosen kann nicht im Rahmen dieses Aussatzes liegen, weil die einzelnen Erscheinungen heute hier, morgen dort auftreten und in keiner Weise für eine Stadt charakteristisch sind.

Unrerrichrswesen.

Vor der Errichtung eigentlicher Musikschulen kennt das musikalische Unter­richtswesen die drei Formen des Privatunterrichts, der Handwerkslehre und der Gymnasialdisziplin. Der Privatunterricht beschränkte sich so lange auf die vornehmen und reichen Klassen, als das Stundengeben eine gelegentliche Neben­beschäftigung der Musiker war und der stellungslose Musiker zu den Unmöglichkeiten gehörte. Erst im s8. Jahrhundert wächst die Zahl der privatisierenden Musiker, die den Dilettanten ihre Dimste als Lehrer anbieten, und die wirtschaftlichen Verhältnisse der beamteten Musiker, namentlich der Kantoren und Organisten, werden vielfach so schwierig, daß auch diese ihre freie Zeit für Lektionen hergeben müssen. Hand in Hand mit der Verbreitung des Privatunterrichts geht im Verlaufe des Jahrhunderts das Auf­blühen der Liebhaberkonzerte und der Hausmusikpslege in größerem Stil. Für Berlin