397
am Ende des Jahrhunderts so gut wie nirgends mehr Musik gemacht wutde.- Erst dem ist. Jahrhundert war es Vorbehalten, wenigstens den Gesangunterricht an den Schulen wiedereinzuführen, vor allem aber auch im Lehrplane der Volksschulen der Musik einen Platz anzuweisen. Große Verdienste darum hat in Berlin der Direktor des Königlichen Seminars sür Volksschulen Earl Heinrich Böhme gehabt, dem wir einen Leitfaden zum Gesangunterrichte in Volksschulen verdanken. Er gehört zu den ersten, die in dieser Richtung gewirkt haben, nachdem I. A. Hitler in Leipzig, der große Kinderkomponist, im Jahre 17st1 seine „Kurze und erleichterte Anweisung zum Singen in Städten und Dörfern" herausgegeben hatte.
Die erste musikalische Lehranstalt in der Mark ist eine militärische Einrichtung: die Oboistenschule des Königlichen Militärwaisenhauses zu Potsdam. Schon in den zwanziger Jahren des 18. Jahrhunderts, gleichzeitig oder unmittelbar nach der Gründung der Anstalt, ließ der König Friedrich Wilhelm Musikunterricht für einige der Zöglinge einrichten, um so einen Nachwuchs für die Oboistenkorps der Armee heranzuziehen. Der alte Pepusch, der einzige Musiker der Königlichen Kapelle, der s?s3 nicht entlassen wurde, soll hier den ersten Unterricht erteilt haben. Eine eigentliche Schule bestand indessen erst seit 1735 zunächst unter der Leitung des Oboisten Fischbach. Wenn es erlaubt ist, von: Schüler auf den Lehrer zu schließen, so war in der Reihe der Vorsteher der Musikdirektor Antoni der bedeutendste; denn aus seiner Lehre gingen die berühmten Brüder Bärmann, der Klarinettist Heinrich Josef, für den Mendelssohn seine Konzertstücke op. I l 3 und 1 14 schrieb, und der Fagottist Karl, der spätere Berliner Kammermusiker, hervor. Der Unterricht, der im wesentlichen die Blasinstrumente, seit s823 aber auch die Streichinstrumente umfaßte, unterschied sich im ganzen kaum von dem handwerklichen Lehrbetrieb der Stadtpseifereien, insofern das Waisenhaus überhaupt die Ausbildung von Handwerkern bezweckte; aber die Zahl der Schüler und ihre Abteilung in Klassen gibt dem Institut bereits den Eharakter eines Konservatoriums.
Das s8. Jahrhundert ging bei uns in diesem Sinne nicht weiter. Außer diesem einen Institute, das seiner Natur nach nur einen engeren Wirkungskreis hatte, lag der Musikunterricht in Brandenburg bis ins zweite Zehnt des ist- Jahrhunderts in den Händen einzelner Lehrer. Aber auch jetzt wurde noch keine allgemeine Musiklehranstalt ins Leben gerufen, die sich eine universale Ausbildung des Musikers hätte angelegen sein lassen. Es handelte sich zunächst nur um Spezialinstitute. Dazu gehören vor allem drei Gründungen: das Konservatorium für Blasinstrumente, das der Königliche Kammermusikus FranzTausch 1805 ins Leben rief und das sein Sohn Friedrich Wilhelm Tausch seit 1817 weiterführte, ferner die sogenannte „Ripienschule", die Zelter 1807 an die Singakademie anschloß, um für diese ein brauchbares Orchester heranzubilden, beide Schulen auf der Grenze zwischen Lehranstalt und Konzertgesellschaft; drittens endlich das Königliche Akademische Institut sür Kirchenmusik, das im zweiten Zehnt des 19. Jahrhunderts als ein Zweig der Akademie der Künste errichtet und unter die Leitung Zelters gestellt wurde. Am Kirchenmusikinstitut, das der Ausbildung der Gesanglehrer bestimmt ist, wirkten in den ersten Zeiten die bedeutendsten Berliner Musiker: außer Zelter selbst der Oratorienkomponist Bernhard