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Klein, der Drganist Augu st Wilhelm Bach, deren Schüler Augu st Haupt und der Bibliothekar Franz Tommer. All diese Männer verfolgten eine ausgesprochen konservative Richtung, die in der polyphonen u euxpsllu-Musik des Ich. Jahrhunderts den Höhepunkt der musikalischen Entwicklung und bereits in Beethovens Werken modernistischen Verfall sah. Bald gesellte sich zu dieser Gruppe eine zweite, die sich um die 1833 gegründete musikalische Sektion der Akademie der Künste scharte. Hier wirkte der Singakademiedirektor Karl Friedrich Rungenhagen und dessen Nachfolger Eduard Grell, der Fanatiker des reinen Vokalstils; in ihren Kreis gehört auch SiegfriedDehn, Kustos der Musikabteilung der Königlichen Bibliothek, einer der gesuchtesten deutschen Kompositionspädagogen. s869 wurde dann unter dem Titel „Lehranstalt für ausübende Tonkunst" die heutige Kgl. Hochschule ins Leben gerufen — ein dahingehender Plan Friedrich Wilhelms IV. war nicht zur Reife gelangt — ursprünglich nur für Instrumentalisten, mit Joachim als Direktor, ihm, de Ah na und Schiever als Violin-, W. Müller als Violoncell-, Rudorfs, AI. Dorn und Karl Haupt als Klavier- und Grgel- und Benno Härtel als Theorielehrer; erst im nächsten Jahre wurde eine Kompositionsklasse unter F. Kiel eingerichtet, aber erst 1882 tatsächlich angcgliedert. Der fortschrittsfeindliche Geist nahm auch von der neuen Anstalt Besitz. Freilich verrückte die weitereilende Zeit auch den „Höhepunkt" der musikalischen Entwicklung. Schon zu Friedrich Kiels Zeiten, der als schassender Künstler seinen ganzen Kreis überragt, erhält die Instrumentalmusik volles Bürgerrecht auf der Akademie, und die letzte Generation, deren bedeutendste Persönlichkeiten Woldemar Bargiel, Josef Joachim, Max Bruch und Friedrich Gernsheim sind, steht sogar schon auf romantischem Boden. Endlich ist jetzt mit Hermann Kretzschmar ein Mann an die Spitze des Instituts gestellt worden, der es sich zum Ziele gesetzt hat, der Hochschule einen Platz im frischen, sprudelnden Leben der Gegenwart zu erobern.
Früher als es von Staats wegen geschehen war, hatten sich private Kreise zur Gründung allgemeiner musikalischer Schulen entschlossen. Aus der Fülle der Berliner Konservatorien ragen drei hervor. Das älteste von allen ist die Anstalt, die 1850 von dem Theoretiker Adolf Bernhard Marx, dem Klavierpädagogen Theodor Kullak und dem Kapellmeister Julius Stern gegründet wurde. Unter ihre Lehrer zählte Hansv. Bülow. Schon nach sechs Jahren schied Kullak aus und rief eine eigene Akademie ins Leben, die in erster Linie pianistischer Ausbildung diente; nach seinem Tode (s882) führte sie sein Sohn Franz bis 1890 in gleichem Sinne weiter. Beide Konservatorien erwarben sich Weltruf und vermochten bis zu einem gewisser« Grade den Stempel des Stillstands, den die musikalische Sektion der Königlichen Akademie der Musikstadt Berlin aufdrückte, zu verwischen. Ein drittes Konservatorium wurde s88is von Vaver Scharwenka, der aus der Kullakschen Akademie hervorgegangen war, eröffnet und nach dessen Weggang nach Amerika von seinem Bruder Philipp und Hugo Goldschmidt weitergeführt. Auch hier wirkte später Bül 0 w. 1 893 verband es sich mit der Klavierschule KarlKlindworths. Eine vorübergehende, aber bemerkenswerte Erscheinung war Karl Tausigs Akademie für höheres Klavierspiel (1866—1870), mit der der große Pianist, der selbst unter