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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Tonkunst" (17601763). Neben vielen, theoretischen Merken hat Marpurg noch in seinerbritischen Einleitung in die Geschichte und Lehrsätze der alten und neuen Musik" st 759 ) das erste Berliner musikhistorische Buch geschrieben. Marpurg ist zwar ebenso wie Fuhrmann nicht unabhängig von Mattheson, dem Vater der deutschen polemischen Musikliteratur, aber er zeichnet sich durch Sachlichkeit und eine sür die Zeit bedeutende Schlichtheit des Ausdrucks aus. Der wichtigste Erfolg seines Wirkens war jedenfalls die Anregung und Heranziehung anderer Musikgebildeter und Musiker zur schrift­stellerischen Tätigkeit.

Gleichzeitig mit Marpurgs Schriften entstanden in Berlin zahlreiche theoretische Arbeiten ausübender Musiker über ihre Instrumente und ihre Kunst. Zwei davon ge­hören neben der Violinschule Leopold Mozarts zu den drei musikalischen Hauptwerken des 18. Jahrhunderts, die uns heute noch zur Interpretation alter Musik unentbehrlich sind: derVersuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen" von dem alten Lehrer Friedrichs des Großen IohannIoachim Auantz (1752) und derVersuch über die wahre Art das Klavier zu spielen" (17531762) von Karl Philipp Emanuel Bach, dem zweiten Sohne Johann Sebastians und Cembalisten des Königs. Beide Werke geben über das Instrumententechnische hinaus eine Abhandlung über die gesamte Musikpraris ihrer Zeit. Dazu gesellt sich 1757 des Kapellmeisters Johann Friedrich AgricolasAnleitung zur Singekunst", eine Übersetzung der berühmten Gesangsschule Tosis. Etwas später treten daneben die theoretischen Arbeiten Johann Philipp Kirnbergers, des Lehrers der Prinzessin Amalia Anna von Preußen, namentlich seineKunst des reinen Satzes in der Musie" (1774), die eine umfangreiche Harmonie- und Kontrapunktlehre darstellt. Die Musikästhetik endlich wird von Christian Gottfr. Krause in seiner SchriftVon der musikalischen Poesie", Berlin 17521753, angebaut.

Die zweite Periode in der Geschichte der Berliner Musikkritik reicht von 17Y1 bis 1806; im Mittelpunkt steht die Persönlichkeit des Hofkapellmeisters Johann Fried­rich Reichardt. Das Charakteristische dieser Bewegung ist die Tatsache, daß es keines der sieben in dieser Zeit erschienenen Blätter zu einem zweiten Jahrgang gebracht hat; immer wieder nimmt der Unermüdliche den fruchtlosen Kampf gegen die Gleich­gültigkeit des Publikums auf. All diese Reichardtschen Gründungen, dasMusikalische Kunstmagazin", dasMusikalische Wochenblatt", dieMusikalische Monatsschrift", dieMusikalische Zeitung", dieBerliner musikalische Zeitung" (I7st317Y4),Deutsch­land" (1796) und dieBerliner musikalische Zeitung" (18051806), mag F. L. A. Kunzen oder der Professor Spazier als Herausgeber zeichnen, sind tatsächlich Gründungen Reichardts. Mas Reichardt in Kunst und Leben vertrat, verfochten auch die Zeitschriften: sie traten für gute deutsche Musik ein, kämpften gegen Modeausländerei und Virtuosenunwesen und suchten das Interesse sür alte Musik, z. B. palestrina, zu erwecken. Trotz des geringen äußeren Erfolges der Blätter darf man ihre bedeutende Wirkung auf den Geschmack und das Urteil des Publikums nicht unterschätzen. Sie halfen die Italienische Vper vernichten und erleichterten die Erfolge des Nationaltheaters; die Gluckaufführungen der neunziger Jahre wären ohne die Vorarbeit der Zeitschriften kaum möglich gewesen. Einen bleibenden Wert haben die ausgezeichneten Analysen