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den Instrumentenbau war, hier die Verfertigung musikalischer Instrumente jeder Bedeutung entbehrte. Noch gegen 1600 ist bei uns von Hausmusik keine Rede; die Stadtpfeifereien sind in den ersten Anfängen, und selbst im Dienste des Kurfürsten sind vor der Hand nur wenige Instrumentisten, die zumeist aus dem Auslande kommen und ihre Instrumente mitbringen. Ein wirkliches Bedürfnis war zunächst nur für Orgeln da, und so finden wir denn etwa 1527 einen Orgelbauer Egidius in Berlin und weiterhin den Meister Hans Scherer, der 1376 in Bernau und 1580 in der Liebsrauenkirche zu Stendal ausgezeichnete Werke baute.
Für die anderen Instrumente scheint Kurfürst Johann Sigismund den ersten Anstoß gegeben zu haben, indem er 1615 zwei Instrumentenmacher in seiner Hofkapelle anstellte: Peter Rutte für die Saiten- und Hans Schreiber für die Blasinstrumente. Schreiber hat eine besondere Bedeutung als Erfinder der Kontrabaßposaune und des Kontrafagotts. Aber auch draußen im Lande begann es sich zu regen. Die Königliche Sammlung alter Musikinstrumente in Berlin besitzt eine Altposaune, die von Peter Golt - beck 1637 in Eottbus verfertigt worden ist; eine Baßposaune des gleichen Meisters aus dem Jahre 1635 hängt in der Sammlung des Kommerzienrats Heyer in Köln.
Mit dem 18. Jahrhundert setzt eine stärkere Produktion ein, die zunächst ihren Schwerpunkt in den Tasteninstrumenten hat. Die Berliner Orgelbauer haben eine große Berühmtheit erlangt. Die bedeutendsten aus ihrer großen Zahl sind in der ersten Jahrhunderthälfte Ioh. Mich. Röder, dessen am meisten bewundertes Werk die große Orgel der St. Maria-Magdalenakirche in Breslau ist, und IoachimWagner, von dem u. a. die Orgeln in der alten Garnisonkirche, in der parochial- und in der Marienkirche in Berlin herrühren, in der zweiten Jahrhunderthälfte ErnstMarx. Die erste Hälfte des ist. Jahrhunderts beherrschte der hochgeschätzte T. A. Buchholz, der bis nach Siebenbürgen hinein Werke lieferte; seine Orgeln, z. B. die der Nikolai-, der Petri- und der Georgenkirche in Berlin, zeichnen sich durch herrliche Intonation, und durch die Mannigfaltigkeit ihrer Klangfarben aus; viele Erfindungen gehen auf diesen Meister zurück, so die luftdichte Abschließung der Keilschleifen, die Doppelventile zur Erleichterung des Spieles, die Gktavkoppel und die Vereinfachung und Verbesserung des Barkerschen pneumatischen Hebels. Heute steht an der Spitze die Weltfirma Sauer in Frankfurt a. d. O., die Wilhelm Sauer 1857 gründete.
Der größte Ruhmestitel des Berliner Instrumentenbaues sind die Klaviere. Unser ältester Klavierbauer ist Michael Mietke, der 1711-—1713 der Königlichen Kapelle als Stimmer und Instandhalter der Tasteninstrumente angehörte. Arbeiten von ihm scheinen sich nicht erhalten zu haben; aber Gerber berichtet, daß er „wegen seiner vortrefflichen Flügel (d. h. natürlich Kielflügel) berühmt" gewesen sei. Er war der erste, dem es gelang, das französische Oluvooin in annähernder Vollkommenheit nachzubauen; wahrscheinlich konnte er Vorbilder benutzen, die in den 1680er Jahren Hugenotten bei ihrer Übersiedlung nach Berlin mitbrachten. Seine erste Nachbildung gab er als französisches Erzeugnis aus und erzielte mit dieser Mystifikation die bedeutende Summe von 300 Reichstalern. Im Klavichord- und Tafelklavierbau ragte ein halbes Jahrhundert später Johann Augustin Straube hervor. Forkel und Gerber bezeugen beide die hohe Wertschätzung, deren sich seine Instrumente zu erfreuen hatten. Der berühmteste
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