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hohenzollernhause jene kontinuierliche strenge Erziehungstradition, die die früheste Jugend erst zum Dienen und Arbeiten geschickt zu machen strebt, ehe der Reiz des herrschens seine Macht ausüben kann. Dabei fällt meist die — allerdings oft durch den Zwang der Notwendigkeit veranlaßt — Erziehung zur Sparsamkeit und strengen Ökonomie auf. Aber in solcher Pädagogik lag ein Teil der späteren Größe Brandenburgs.
Friedrich II., wesentlich am polnischen Hofe ausgewachsen, hatte, durch schwere Zugenderfahrungen gestimmt, eine schwärmerische Religiosität eingesogen, die ihm politisch eine besonders wohlwollende Haltung gegenüber den kirchlichen Organen aufgab. Aber er kannte auch den heilsamen, sittenbessernden Einfluß religiöser pflege und geistigen Strebens auf die Bewohner eines Landes. Er wünschte deshalb, daß mindestens die Domstifte und Aapitel Pflanzstätten kirchlicher und wissenschaftlicher Bildung werden sollten. Zn dieser Richtung lag auch die von diesem Kurfürsten ausgehende Gründung des „Schwanenordens" hq^O) kurz nach seinem Regierungsantritt: zugleich ein Reformversuch zur Besserung der Sitten in der Geistlichkeit und im verwilderten märkischen Adel. Des neuen Ordens auf die Reinheit des Herzens deutende Symbole offenbaren die mystische Sinnesweise des Kurfürsten.
Albrecht (Achilles) dagegen war anderen, weit mehr weltlichen Sinnes, und seine Pagenzeit am liederlichen Hofe der Königin Barbara, zweiter Gemahlin des Kaisers Sigismund, zu Preußen war ganz dazu angetan, diesen Sinn in ihm großzuziehen. Nur in Hinsicht auf seine größere Vorurteilslosigkeit und sein vielseitiges Znteresse jedoch kann man ihn als einen „echten Renaissancefürsten" bezeichnen; seine Bildung blieb eine ziemlich beschränkte. Öfter betont er selbst in seinem ausgedehnten, uns erhaltenen Briefwechsel, daß er nicht studiert habe und spottet über seine schlechte Schrift und seinen ungelenken Stil. Latein zu schreiben, lehnt er immer ab und entschuldigt sich deswegen, wenn er „nymants gelerts" gerade bei sich hatte. Zm übrigen aber, trotz mangelnder Buch- wissenschast, zeigen seine Briefe wie seine gesamte Handlungsweise eine frische, elastische Auffassungsweise von der Welt und den Personen, die durchaus auf realpolitischem Boden steht. And so besaß er in der Tat „von vornherein ein volles Verständnis für die neu aufkommende Bildung, für ihre Verwertbarkeit für das Rechtsleben und den Staat"?)
Als ein wesentliches Bildungsmittel für fürstliche und adelige junge Leute wurde schon damals — wie die später, im (7. und f8. Zahrhundert allgemein üblich werdenden „Kavaliertouren" — das Reisen betrachtet, aber nicht das Reisen zu rein weltlicher Ergötzung und Unterrichtung, sondern vor allem zu religiöser Erbauung und Stärkung im Glauben. Eine Pilgerfahrt nach dem heiligen Lande erhöhte auch noch Zahrhunderte nach der Kreuzzugsbegeisterung des l2. Zahrhunderts in den Augen der Standesgenosfen das Ansehen eines jungen Ritters oder Fürsten. Auch Glieder des hohenzollernhauses haben solche nutzbringende Pilgerfahrten unternommen. Von dem Auge des jungen Albrecht, den dieser noch zu Lebzeiten seines Vaters zusammen mit seinem Bruder nach Zerusalem unternahm, haben wir als seltenes Dokument eine ausführliche Beschreibung
') Fr. Priebatsch, Politische Korrespondenz des Kurfürsten Albrecht Achilles, L Bde Leipzig lsgs—Z898.
Brandenburgischr Landeskunde. Ld. IV. 27