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Gründung der Universität begegnen. Dagegen hat ein anderer Frankfurter Professor, der Theologe Johann Negellein, die Funktionen eines prinzlichen Pädagogen tatsächlich längere Zeit ausgeübt. Auch von dessen Unterricht nach Stoff und Methode ist nichts überliefert; sicherlich aber konnte dieser Theologe nicht mit dem zu früh verstorbenen Dichter und Humanisten an Eleganz der Sprache und Fertigkeit im Latein wetteifern. Außerdem hatte man noch für die Prinzenunterweisung einen Juristen herangezogen wegen der schon damals am Hofe erkannten Wichtigkeit juristischer Kenntnisse für den Regierenden. Mt großer Wahrscheinlichkeit hat man diesen Lehrerjuristen in dem ersten Sekretär der Frankfurter Universität Dr. Fabian Funk ermittelt, der zugleich ein ausgezeichneter Sprachkenner war. In der Folge einer der ersten branden- burgischen Kanzleibeamten, ist er zu vielen politischen Geschäften als Vertrauter des Kurfürsten und Kurprinzen herangezogen worden. Wir werden noch öfter die hervorragende Stellung zu beobachten haben, welche die Prinzenerzieher im Hohenzollernhause zu erringen Gelegenheit hatten, indem sie als Lehrer am Hofe durch Kenntnisse und Taktgefühl das volle Vertrauen der Fürsten gewannen.
Wir hatten soeben Andeutungen erhalten von der schüchtern auflebenden weltlichen Wissenschaft. Nicht weniger wie diese lag auch das gesamte Bildungswesen gänzlich in den Fesseln der Kirche, und bis in das sZ. Jahrhundert lag im besonderen alles öffentliche Erziehungs- und Unterrichtswesen nur in den Händen der Geistlichkeit, vor allem aber der geistlichen Orden. Wie wir sahen, waren die auf dem Boden der Mark herrschenden Zisterzienser, wie auch selbst die Dominikaner und Franziskaner, die ihnen folgten, wenig geeignet, geistige Regsamkeit zu wecken, und der geistesbildende Einfluß der Klöster, den man etwa von Orten wie St. Gallen, Fulda, Hersfeld u. a. her kennt, ist hier nur in geringem Maße zu spüren. Die Kirchschulen an den drei märkischen Bischofssitzen zu Havelberg, Brandenburg und Lebus aber haben keine größere Bedeutung erlangt.
Die erste Konkurrenz im Unterrichtswesen entstand der Geistlichkeit hier wie in ganz Deutschland seit dem sZ. Jahrhundert in den Städten. Dort entstanden die Anfänge eines weltlichen Bildungswesens, die lateinischen Stadtschulen.
Zunächst waren diese, ganz ähnlich den Kloster- und Domschulen, rein geistliche Anstalten, eng verbunden mit einer Kirche des Ortes, von Geistlichen geleitet und betrieben, und beherrscht wesentlich von Interessen des Kirchendienstes?) Der eigentliche Unterschied von den Kloster- und Stiftsschulen lag in der Verwaltung und Unterhaltung dieser Anstalten, welche hier der weltlichen, d. h. städtischen Obrigkeit zufiel, die gleichzeitig meist auch deren Stifterin war. Denn die Bedürfnisse der städtischen Bevölkerung hatten neben den religiösen Interessen zur Entstehung solcher Schulen geführt: Handel, Handwerk, Verwaltung und städtisches Recht hatten den Trieb nach weltlichen Kenntnissen gezeitigt. Diesen neuen Gründungen begegnete die frühere alleinige Inhaberin aller Schulrechte, die Geistlichkeit, nicht ohne Widerspruch, und mannigfache Kämpfe zwischen der städtischen Geistlichkeit und den Magistraten sind um das Recht der Verfügung über die Schulen ausgefochten worden, „Schulkämpfe", die zum Teil eine gewisse Berühmtheit erlangt haben. In unserem Gebiet war es vornehmlich Stendal,
i) vgl. Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts. 2 . Ausl., Leipzig isys, 5. l?sf