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Zweite Periode.
Die Reformation und die Zeit der kirchlichen Aämpfe.
Die beiden großen Geistesbewegungen, welche, vielfach miteinander verknüpft, den Anfang -es s6. Jahrhunderts kennzeichnen, Humanismus und Reformation, sind beide an der Mark Brandenburg nicht ohne Wirkungen vorübergegangen. Ihr Einfluß war aber von ganz verschiedenem Gewicht. Während der vor- reformatorische Humanismus, trotz der jungen, aber im alten Geleise wandelnden Universität an Gder und Spree, kaum eine erfreuliche Blüte hervorgebracht hat, wurde die tiefer eingreifende religiöse Bewegung, obgleich erst spät zur Macht gelangend, von nachhaltigstem Einfluß auf das Geistesleben des märkischen Volkes.
Wir können somit um so weniger die religiösen Strömungen hier außer acht lassen, als in dieser Landeskunde der eigentlichen Kirchengeschichte kein besonderer Raum angewiesen ist.
Der Schöpfer selbst des gewaltigen, geistigen Befreiungskampfes innerhalb der Kirche, Luther, hatte außerhalb Kursachsens mit keinem anderen deutschen Herrschaftsgebiete so reiche Beziehungen als mit Brandenburg. Aber diese Beziehungen waren zunächst nichts weniger als freundlicher Art. Denn an der Spitze des brandenburgischen Kurfürstentums standen gerade zur Zeit der ersten religiösen Kämpfe Herrscher, die nicht von der alten Kirche lassen wollten/mit der sie und ihre Vorfahren noch immer, trotz mancher Zwistigkeiten, so gut gefahren waren, und von der sie gerade damals neue Vorteile erwarteten. Zn einem gewissen Gegensätze zu ihren mittelalterlichen Ahnen, die so viel liberale, ja geradezu reformatorische Neigungen gezeigt hatten, blieben sie viel länger als andere weltliche Fürsten Norddeutschlands strenge Katholiken. Sicherlich waren es z. T. politische Erwägungen, welche beiden Joachim, trotz Volk und eigener Familie, ihre Haltung vorschrieben. Besonders Joachim I. blieb ein hartnäckiger Feind der Reformation. Mehr noch aber als jene Erwägungen politischer Art wirkte vielleicht gerade seine persönliche Bildung — der päpstliche Legat Aleander be- zeichnete ihn als buomo et latins st alsmaniss kaounckissimo, und auch Melanchthon rühmte seine Bildung —, seine humanistische Anschauungsweise, eine gewisse historische Pietät, ein Respekt vor organisch ruhiger Entwicklung bei aller Einsicht in die vorhandenen Schäden der Kirche — zum Ausharren bei der alten Kirchenautorität. Gewöhnt an den Verkehr mit gelehrten und hochstrebenden Geistlichen, die selbst genug des humanistischen Geistes besaßen, wie Tritheim, Dietrich von Bülow und Eitelwolf von Stein, erschien ihm wohl auch die Reformbedürftigkeit der Kirche in milderem Lichte, und ihre organische Besserung konnte ihm nach seinen Erfahrungen nicht zweifelhaft sein. Die Geschichte des Humanismus zeigt ja auch sonst, daß vielfach gerade seine ersten Geister der Reformation abhold waren und Luthers Vorgehen als Revolution verdammten. Auch in allen Erlassen Joachims gegen die Reformation kehrt unter dem Eindrücke des Bauernkrieges und der revolutionären Minkwitzschen Fehde im eigenen Lande — die Befürchtung des Umsturzes aus Anlaß der religiösen Neuerungen wieder. Dazu