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kam ein verwandtschaftliches Moment. Welche heftigen Fehden mit dem mächtigen hohenzollernsproß Rurfürst Albrecht, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, dem zweiten Sohne Johann Ticeros, der allzeit kampfbereite Luther auszufechten hatte, ist bekannt, und Joachim von Brandenburg fühlte sich damit gleichfalls angegriffen?) Und gerade die Mark Brandenburg sollte zu einem ersten öffentlichen Rampsplatze zwischen den Papisten und dem kühnen gegnerischen Mönche in Wittenberg werden. Der Anlaß war der Ablaßhandel. In den brandenburgischen Städten hatte der Ablaßprediger Tetzel ziemlich wenig Gehör und Absatz gefunden; selbst der Rurfürst ließ ihn nur aus Rücksicht auf seinen Bruder gewähren, und nur höfisches Entgegenkommen war es, daß der Bischof von Brandenburg, Hieronymus Scultetus, durch den Abt Valentin von Lehnin Luthern um Mäßigung bitten ließ. Noch im Banne der kirchlichen Disziplin, gehorchte Luther bescheiden, wurde aber bald durch die Anmaßung Tetzels, sich als gelehrten Doktor und wissenschaftlichen Gegner zu gebärden, zu energischerem Auftreten veranlaßt. Und da war es die neue Universität in Frankfurt a. d. G., wo der erste öffentliche Zusammenstoß stattfand, hier griff Tetzel im Anfang des Jahres
mit Hilfe einer vom Rektor Wimpina erborgten Gelehrsamkeit Luthers berühmte Thesen in einer großen, öffentlichen Demonstration an, verbrannte jene Thesen feierlich vor der Gubener Vorstadt daselbst, und stellte neue s06 Thesen gegenüber, welche in der Hauptsache die Berechtigung des Ablasses aus der pästlichen Autorität herleiteten?)
Au der Disputation über diese Thesen, welche am 20. Januar s5s8 zu Frankfurt stattfand, waren vorsichtigerweise die märkischen Dominikaner und Franziskaner sämtlich eingeladen, so daß am Rampfestage Tetzel ein Heer von mehreren hundert Mönchen hinter sich hatte. Und dennoch fand Tetzel hier, in der streng papistischen Universität, im Herzen der Mark, den ersten energischen Widerspruch, und Luther seinen ersten mutigen, öffentlich auftretenden Verteidiger. Und Mut gehörte damals wahrlich dazu, als Mönch sich zu Luther zu bekennen. Johann Rnipstro, ein junger Franziskaner, gebürtig aus Sandow an der Elbe, damals kaum 2 s Jahre alt, ging, wenn auch von dem Thor der Mönche überschrien, in den Augen Unparteiischer sieghast aus dem theologischen Streite hervor. Er hat es dann jahrelang in fernen pommerschen Rlöstern büßen müssen, ist aber später, als die Reformation durchgedrungen, als evangelischer Generalsuperintendent in Pommern noch zu Ehren gekommen. Alle diese Ereignisse und die daraus sich ergebenden Volksstimmungen erkennt man sehr hübsch, in ansprechendem historischen Rolorit, in dem vaterländischen Romane von Wilibald Alexis „Der Werwolf".
Diese für die lutherische Bewegung in der Mar? Brandenburg verheißungsvollen Anfänge fanden jedoch in den nächsten Jahren keine gleichgerichtete Fortsetzung. Das märkische Volk schien, nachdem dcr Ablaßlärm im Lande verstummt war, gleichgültig den theologischen Rämpfen zuzuschauen, obschon manche Beweise vorliegen, daß man sich von den alten Rirchenformen abzuwenden begann?) Erst die überaus schnellen Erfolge der Reformation nach deren offizieller Rezeption lassen fühlen, daß
') Lrdmann, Luther und die hohenzollern. Breslau l 88 §.
°) Julius Heidemann, Die Reformation in dcr Mark Brandenburg. Berlin 188g.
°) Heidemann a. a. D.