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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Kirchen- und Schulvisitation hat wenig mehr bewirkt, als daß einige verödete Klöster aufgehoben und zu Schulzwecken zur Verfügung gestellt wurden?) Von wesentlichen Umwälzungen auf dem Gebiete des Schulwesens liest man nicht in den Berichten der brandenburgischen Visitatoren. Nur ein kleiner Teil des jetzigen märkischen Landes war auch schon früher, s530 und s534, Gegenstand einer besseren, aus fortschrittlichen Boden stehenden Kirchenvisitation gewesen, weil dieser Teil damals zu Kursachsen ge­hörte: der Kreis Belzig, wo, im Anschluß an die berühmte sächsische erste Visitation von s528, Luther, Jonas, Bugenhagen u. a. die Visitatoren waren. Es handelte sich aber dabei nur um niedere Latein- oder Dorfschulen?)

Bald aber geht man auch in der Mark aus eigenem Antrieb in einzelnen Städten an die Reform, zuerst der lateinischen höheren Schulen. Eine Gesamtgeschichte des Eindringens reformatorisch-humanistischer Schulgedanken in die märkischen Gebiete wäre noch zu schreiben. Hier können von den an sich spärlichen Nachrichten nur die allerwichtigsten berücksichtigt werden.

Berlin hatte sich längst mit ihrer Schwesterstadt Tölln zur Metropole des Landes entwickelt; bald sollte es auch im Bildungswesen an der Spitze marschieren. Zur Zeit derKirchen-Säuberung" existierten in Berlin öffentliche mit Kirchen in Verbindung stehendeparochialschulen" allein bei Sankt Nicolai und Sankt Marien?) Aber es kann nicht viel von diesen Schulen berichtet werden, am wenigsten viel Erfreuliches, wenn wir nicht etwa den als Historiker namhaften Rektor Petrus Hafftitius an -er Nicolaischule (zirka s560) erwähnen wollen. Die Kirchenvisitatoren hielten es geraten, diese beiden Anstalten in eine einzige bei St. Nicolai zu verschmelzen. Aber der Berliner Stadtrat, der sich von jetzt ab energisch um das Schulwesen der Stadt bekümmerte, fand, daß an dem der vereinigten Schule zugedachten Platze zu viel Lärm herrsche und zu geringe und ungesunde Räumlichkeiten vorhanden wären. Er nahm nunmehr auf anderweite Lokalitäten Bedacht, und es wurde das bereits säkularisierte Franziskaner­kloster in Aussicht genommen und zu diesem plane unter Vermittlung der Visi­tatoren auch die Genehmigung des Landesherrn erwirkt, jedoch erst im Jahre s37H. So war mit einem erfolgreichen Schritt des Magistrats die kommunale Schulhygiene und Schulfürsorge für Berlin in die Mege gelegt. Zn die Räume der beiden alten partikularschulen wurden zweiMägdleinschulen" gelegt, die also offenbar bereits be­standen. Die neue in dasGraue Kloster" so genannt nach den grauen Kappen der dort hausenden Franziskanermönche gelegte Lateinschule sollte nun aber eine Schule höherer Art werden, als es die asten Kirchspielschulen gewesen. Sachsen, das Kurfürstentum, hatte schon seit s528 durch die vorbildliche Melanchthonische Schul­ordnung, sogenannte Landes- oder Fürstenschulen geschaffen, die dazu bestimmt waren, Muster im höheren Schulwesen für das ganze Land zu werden und ausschließlich für die Universität vorzubereiten. Solch eineLandesschule" sollte nun auch die Schule zum Grauen Kloster werden. Sie wurde in der Tat danach die erste brandenburgische Anstalt, an der die Schulideale der Reformation Eingang fanden. N)ie sehr die Not-

9 Steinmüller a. a. G.

9 N. Müller, Die Kirchen- und Schulvisitation im Kreise Belzig. Berlin

9 Martin Diterich, Berlinsche Kloster- und Schulhistorie. Berlin l?Z2.