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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Saldernschen Schule zu Brandenburg; und diese ebenfalls altberühmte Anstalt erinnert wieder an den Rektor Boner, der nach seinem Berliner Rektorat als Geistlicher in Brandenburg sich große Verdienste um deren Einrichtung erworben hat. Im be­sonders! sieht man, daß der Berliner Magistrat allzeit bemüht war, die tüchtigsten Kräfte aus der Welt der Gelehrten zu gewinnen. So bringt uns der siebente Kloster- schulrektor in unmittelbaren Zusammenhang mit weiteren Bestrebungen für das Schul­wesen im brandenburgischen Staate. Der Rektor Karl Bumann wurde vom Kur­fürsten Joachim Friedrich im Jahre IM? zur Einrichtung einer zweitenLandes­schule" nach Joachimsthal in der Uckermark berufen. Diese neue Anstalt hat dann viel mannigfaltigere Schicksale durchzumachen gehabt als ihre ältere Berliner Schwester. Nach wenigen Jahren schon mußte sie gleichfalls nach Berlin verlegt werden, eine schicksalsgefügte Konzentration des höheren Bildungswesens des kleinen Staates in die Residenzstadt, die für die Zukunft nicht bedeutungslos bleiben konnte.

Mehrere von den ersten Rektoren der Berliner Gelehrtenschule waren schon auf der Frankfurter Universität vorgebildet. Mit Bedacht hatte die kurfürst­liche Regierung wiederholt eingeschärft, daß man, um einen einheimischen höheren Beamtenstand groß zu ziehen, die Zöglinge derViadrina" bei Stellenbesetzungen allent­halben vorziehen solle.

Die Universität') hatte nach den glänzenden Anfängen (siehe oben) bald unter der Ungunst der Zeiten zu leiden. Mancher andere Vrt der Studien hatte freilich mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Frankfurt, unter der mehrmaligen Leitung des streng altgläubigen Konrad Wimpina stehend, hatte wohl dem Humanismus die Tore nicht verschließen können, wehrte sich aber mit aller Anstrengung gegen das Eindringen der lutherischen Reformation. Die Konkurrenz mit Wittenberg tat noch ein übriges in diesem Bestreben. So hatten wir schon Frankfurt als den Schauplatz eines disputatorischen Kampfes Tetzels gegen Luther gesehen, an dem sich der einfluß­reichste Vertreter der Universität und Tetzels Lehrer von Leipzig her, eben jener Wim­pina, als wissenschaftlicher Helfer für den wenig gelehrten Dominikaner beteiligte. Diese unfaire Stellungnahme Wimpinas in einem wissenschaftlichen Streite hat die Frank­furter Universität arg kompromittiert, wenn sie auch an der Erhebung Tetzels zum Doktorate unschuldig war. Zudem waren damals die Zeiten nicht derartig, daß das Mönchsgezänk" vom Ablaß, vom Primat des Papstes, von der Rechtfertigung durch den Glauben usw. das Volk gleichgültig hätte lassen können; vielmehr mußte sogar eine Universität, die der neuen Lehre sich widersetzte, die Macht der Volksmeinung er­fahren: Frankfurt ging rapide zurück und hat niemals wieder das volle Tausend der immatrikulierten Hörer des Gründungsjahres erreicht.

An den Universitäten zog mit dem Humanismus erst allmählich die Luft freier Wissenschaft ein, und die Reformation ermöglichte erst die langsame Emanzipation aller Forschung von der kirchlich gefesselten Theologie, nicht ohne lange dauernde Kämpfe, von beiden Strömungen erst spät und spärlich befruchtet, hat die Frankfurter Universität

') L. Bauch, Anfänge der Universität Frankfurt und die Entwicklung des wissenschaft­lichen Lebens an der Hochschule (isoo,5-w). Berlin syoo. (Texte und Forschungen zur Ge­schichte der Erziehung und des Unterrichts III.)