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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Obgleich also Matthias Funck sein Schulamt sehr bald wieder aufgab, so bekundete er auch sonst entschiedene pädagogische Neigung selten freilich eine der Poesie förderliche Eigenschaft. Seine religiösen Gedichte sind absichtlich für die Jugend zugeschnitten und frei von aller humanistisch-mythologischen Frivolität. Ihr Stoff war noch ganz der mittelalterlichen Legende, als Ergänzung der biblischen Geschichte, ent­nommen.

Daß die Forderungen des Humanismus trotz der scholastischen Luft Frankfurts doch auch dort langsam durchdrangen, zeigt auch der Umstand, daß schon s5s8 in dem gleichen Jahre wie in Wittenberg ein Professor für die griechische Sprache, Gregorius Schmidt, ein Schweizer, und darauf jener Jodocus Willichus angestellt wurde, dem s52s ein erster Vertreter des hebräischen folgte.

Trotz des Eifers und der Tüchtigkeit einzelner dieser Lehrer ging der Besuch der Frankfurter Universität mehr und mehr zurück. Der religiöse Druck unter Joachim I. machte sich zu sehr fühlbar, und Wittenbergs Ruhm half zur Verödung der Viadrina. Schließlich waren so wenig auswärtige Studenten dort vorhanden, daß man die erste moderne Neuerung zu treffen sich entschloß und die alte Einteilung nachNationen" gänzlich aufgab. Einigermaßen vertreten blieben bloß noch die Landessöhne, welche in Frankfurt studieren mußten, wenn sie die Anwartschaft aus spätere amtliche An­stellung erlangen wollten. Auch der Nutzen neuer Stipendien fiel in der Hauptsache den Landeskindern zu.

Der Einsicht in die Notwendigkeit einer Änderung, einer Reform der Universität konnte sich nach seinem Regierungsantritt der neue Kurfürst, Joachim II., nicht ver­schließen, aber, solange er noch zwischen der alten und neuen Kirche schwankend stand, waren ihm selbst die Hände gebunden. Dennoch begann er Unterhandlungen mit dem für derartige Reformprojekte unentbehrlichen Melanchthon. Unter dessen Einfluß wurde Georg Sabinus sein Schwiegersohn von Wittenberg her verschrieben. Aber die katho­lische Geistlichkeit, mit dem Universitätskanzler Bischof Georg von Lebus an der Spitze, wußte alle lutherischen Regungen in ihr zu unterdrücken.

Da kam der Umschwung durch den unerwarteten Übertritt Joachims II. zum protestantischen Bekenntnis im Jahre sWZ. Nun erst konnten Melanchthons Ratschläge ohne Bedenken angenommen werden: die Reform der Universität begann, wobei der bedeutendste Berater des Fürsten Joh. Weinleben war. Es wurden Visitatoren ernannt, die mit dem Lehrkörper der Universität gemeinsam über die notwendigen Reformen berieten. Als einer der wesentlichen, eingerissenen Mißbräuche stellte sich heraus, daß viele Studenten, die Privatlehrer oder Mentoren hatten, wie es damals vielfach Sitte war, die öffentlichen publika gar nicht besuchten; das sollte abgestellt werden. Die Professoren waren aber selbst als teilweise sehr lässig befunden worden, so daß strenge Vorschriften für das halten von Vorlesungen, Übungen, Deklamationen, Disputationen usw. sowie über allwöchentliche Examina der Scholaren erlassen wurden. Auffällig ist der wesentlich pädagogische Gesichtspunkt, der dabei maßgebend gewesen: Es war sozusagenHochschul­pädagogik" die man dabei verfolgte. Im Rechnungswesen war ebenso Unordnung ein­gerissen, so daß manche Verwaltungsstelle überhaupt keine Rechnung gelegt hatte. Vor allem aber versprach der Kurfürst, die Gehälter der Lehrer tunlichst zu verbessern und die