er geborener Schweizer war:LeonhardThurneyßer. Er bezeichnet, wie man gesagt hat, eine Vorstufe in der Entwicklung der Naturwissenschaft: noch kein Sieger, aber bei allen seinen Irrtümern doch ein Vorkämpfer. Und gerade im Brandenburger Lande fand er bei dem Herrscher, dem Rurfürsten Johann Georg, für seine tastenden Versuche besonderes Verständnis und großes Entgegenkommen. Die Astrologie, die im Hause der älteren Hohenzollern eine Art Erbgut war, schlich sich, „wie eine Ahnung von der Gewalt tieferer Naturerkenntnis in die Gemüter und füllte mit Ehrfurcht die Fürsten wie die Völker, verwirrte aber nur zu leicht die Bestrebungen sonst klar blickender Männer". So ging es auch Thurneyßer und seinem fürstlichen Gönner.
Ein wechselvolles, abenteuerndes Leben zeigt das ruhelose, aber immer wache Streben dieses Mannes, von dem wir nur seine brandenburgischen Beziehungen herausheben können. Sein großer Vorgänger und sein Vorbild war der berühmte Paracelsus, und ihm folgte er auch in das Reich der Mystik und des Aberglaubens. Medizin und Alchemie wurden nach mehrfachen bergmännischen Unternehmungen sein Studium. Dabei geriet er auf das Gebiet der Balneologie und zufällig gerade auf das Brandenburger Land. Im Jahre f57f ließ er zu Frankfurt a. G. sein Weck drucken, das er „pison" betitelte, und das von „kalten, warmen, mineralischen und metallischen Wassern, besonders innerhalb der Mack Brandenburg, handelte". Die Runde von ungewöhnlichen, bisher unbekannten Bodenschätzen der Mark gewann den Rurfürsten sogleich. Nach diesem Buche war das Spreewasser Gold führend, waren Salpeter, Rubinen, Granaten, Saphire, Schwefel und Blei an verschiedenen Stellen zu finden. Die Wässer der Flüsse sollten die seltsamsten Eigenschaften medizinischer Art haben, z. B. das Havelwasser sollte schwer und ungesund sein und Frauen böse und klatschsüchtig machen. Aber man findet bei ihm auch gute, richtige Beobachtungen aus der Flora und über Mineralien. Nach einer gelungenen Rur an der Rursürstin Äibina wurde er kurfürstlicher Leibarzt mit einem für damalige Zeiten sehr hohen Gehalt von f252 Talern. Als Wohnung ward ihm ein noch verfügbarer Teil des „Grauen Rlosters" zu Berlin überwiesen, in nächster Nachbarschaft der neuen Landesgelehrtenschule. Nun zeigte er — ein Autodidakt — sich nicht nur als vielseitiger Gelehrter, sondern auch als tüchtiger Geschäftsmann. Die Gründung einer eigenen Druckerei für die Herstellung seiner Schriften zeigt ihn sofort von dieser Seite, und diese Druckerei blühte und bestand sogar fort, als ihr Gründer längst Berlin verlassen hatte. Doch hat er sich bei allen seinen Anpreisungen von verschiedenem Schwindel nicht freigehalten. Die Erfolge seiner „Harnproben", durch die er Krankheiten diagnostizieren und heilen zu können vorgab, waren eitel Humbug. Aber das Publikum, zu dem auch die höchsten Personen von nah und fern gehörten, fiel in Menge darauf hinein und ließ sich geduldig von ihm rupfen.
Er nutzte die Unwissenheit und Leichtgläubigkeit seiner Zeitgenossen also weidlich aus. Dennoch muß er höher gestellt werden als ein bloßer Scharlatan. Er betrieb dabei wirkliche, auf Beobachtung beruhende anatomische und botanische Studien und legte Sammlungen für naturwissenschaftliche Zwecke an, wie man sie vorher in Berlin noch niemals gekannt. Immer lernbegierig, ließ er sich noch in späten Jahren im Latein unterrichten. Seine „Naturgeschichte der Pflanzen" Pö78) und sein vielsprachiges Namen-