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ordiniert worden war?) Aber durch seine Beteiligung an der Ausarbeitung des katholisierenden Augsburger Interims (1548) machte er sich den Lutheranern verhaßt, so daß er dann wieder durch strenges Festhalten an den lutherischen Glaubenssätzen gegenüber der milderen Auffassung des sogenannten Philippismus (nach Phil. Melanch- thon) sich gewissermaßen zu rehabilitieren suchte. Als oberster Geistlicher der Monarchie hat er vor allem den langandauernden Streit zwischen dem Eiferer Andreas Musculus und den Theologen philippistischer Richtung, an deren Spitze der Professor Abdias praetorius in Frankfurt a. G. stand, zu des ersteren Gunsten entscheiden helfen, wobei er ganz im Sinne seines Fürsten handelte. „Der von Agricola im Berliner Dom geleitete Reformationsfestgottesdienst vom 24. Gktober 1563 bezeichnet« das Siegesfest des Luthertums über den Philippismus. Sy hat der Mann, den Luther geächtet hatte, bier dem strammen Luthertum den Sieg bereiten Helsen. Drei Jahre darauf starb er während einer Pestepidemie."
Agricolas Hauptgegner praetorius (eigentlich Gottschalk Schulze) gehört der Mark Brandenburg auch von Geburt an. Au Salzwedel geboren, war er Lehrer und Rektor des Gymnasiums seiner Vaterstadt, leitete dann mehrere Jahre das altberühmte Magdeburger Domgymnasium mit großem Erfolge und siedelte etwa 4558 nach Frankfurt a. G. über, wo er Professor der hebräischen Sprache wurde. Er galt allgemein als ein hervorragender Philologe und Schulmann. Er trat in Frankfurt sehr bald als Wortführer der Melanchthonianer auf, die es übrigens auch ihrerseits keineswegs an zeloten- haftem Auftreten fehlen ließen, persönlich verletzende Ausfälle gegen den „groben aber ehrlichen" Musculus wurden nicht gescheut, und praetorius suchte sogar dem Kurfürsten die Lehre der Lutheraner von der Rechtfertigung durch den Glauben als politisch bedenklich und staatsgefährlich hinzustellen, ein Versuch, der jedoch keinen Erfolg hatte. Nach dem Siege Agricolas wurde die Stellung des praetorius unhaltbar; er wandte Frankfurt den Rücken. Aber sein Fortgang bereitete daselbst noch mehr Schaden als der häßliche Streit, denn praetorius hatte unter den Studenten einen großen Anhang gehabt. Er begab sich nach Wittenberg, wo er im Jahre 1573 gestorben ist.
Auch der heftigste theologische Gegner des praetorius war Professor an der Viadrina. Musculus (Meusel) war 1544 in Schneeberg in Sachsen geboren, hatte die dortige, damals berühmte Lateinschule besucht und in Leipzig und Wittenberg studiert. Er wurde Schwager des Agricola und folgte dessen späterer Richtung, nachdem er sich nach seinem Vorbilde ebenfalls mit Melanchthon überworfen hatte. 4544 nach Frankfurt berufen, war sein Einfluß dort nicht gering, zumal er eine Aeitlang der einzige theologische Dozent daselbst war. Er wurde einer der Inspektoren, die den Vorlesungsbetrieb zu überwachen hatten und hat sich auch sonst um die Universität verdient gemacht, so das Konvikt (den gemeinsamen Stipendientisch der Studenten) dort eingerichtet und die Finanzverhältnisse auf Befehl des Kurfürsten Johann Georg revidiert. Da Musculus ganz die Meinung des Hofes in Berlin bei den theologischen Streitigkeiten vertrat, so war es nicht zu verwundern, daß er auch der Nachfolger Agricolas in dem Amte eines Generalsuperintendenten der ganzen Mark wurde, ohne jedoch in ein friedliches Fahrwasser zu gelangen. Sein ganzes Leben war, gemäß seiner Natur, ein unab-
h <8. Aawerau in Herzogs Realenzyklopädie.