Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
Seite
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Geblieben aber ist vor allem, nicht durch das Verdienst des fürstlichen streitbaren Friedensstifters, wohl aber durch die Macht der Tatsachen, der Gedanke religiöser Duld­samkeit und der freien Religionsübung. Trotz des Schwankens in der Regierung war doch das Ziel des Religionsfriedens im Lande wieder deutlich ausgesprochen und verheißen worden. So konnte gerade durch die Doppelkonfessionalität von Fürst und Volk Brandenburg ein Hort der Toleranz werden, und der ganze Hergang konnteden Nachfolgern auf dem Throne den Unionsgedanken nahelegen, der seitdem kirchliche Tradition der hohenzollern geworden und geblieben ist." Die gewaltige Flut theologischer Streitschriften zwischen Lutheranern und Reformierten, die sich zunächst an den Konfessionswechsel des Berliner Hofes anschloß, ist aber für Wissenschaft und geistiges Leben ohne Erträgnis geblieben.

Der Friede zwischen den Konfessionen war jetzt aber noch immer nicht erreicht, und die traurigen Folgen der fortgesetzten Zwiespältigkeit zwischen Fürst und Volk zeigten sich in der schweren Not des nun bald beginnenden großen. Krieges. Die Brandenburger waren nach ihren Erfahrungen immer mißtrauisch gegen ihre Fürsten und fürchteten bei jeder Gelegenheit ihren konfessionellen Eifer. So bewilligten die Stände niemals in entscheidenden Augenblicken die nötigen Gelder und Truppen, und so waren diese Ver­hältnisse neben der unsicheren, schwankenden Haltung des folgenden Kurfürsten, Georg Wilhelms, die Ursache, daß die brandenburgischen Länder unter den kämpfenden, umher­ziehenden, sich einander verjagenden feindlichen Heere der Kaiserlichen, Schweden, Dänen am schwersten in deutschen Ländern zu leiden hatten. Große Landstrecken und viele Städte sind vollkommen zerstört worden. Man hat zwar neuerdings die zeit­genössischen Berichte von den Greueln und Verwüstungen für vielfach übertrieben aus­gegeben, und gerade ein Gutachten des brandenburgischen Vizekanzlers vom Jahre H 64 G wird u. a. dafür geltend gemacht. Aber sicherlich bleibt das entstandene Elend noch riesen­groß, und daß unter dem Drucke solcher materiellen Not alle geistigen Znteressen völlig daniederlagen, kann niemand verwundern. Ein Denkmal dieser Verwüstungen aus der Geschichte des Schulwesens ist das Schicksal der ersten reformierten Landesschule zu Zoachimsthal.h

Auch ihre Geschichte ist eng mit den konfessionellen Fehden verknüpft. Kurze Zeit nach der Gründung des Gemeinwesens zu Zoachimsthal in der Uckermark als Stadt stiftete Kurfürst Joachim Friedrich dort eine neueLandesschule" (j607). Die Mitwirkung des Generalsuperindenten der Mark, Professors sDelargus, gewährleistete die streng lutherische Richtung des Unternehmens; die Wahrung derrechten, reinen, unverfälschten Lehre" -war die Absicht des Fürsten bei ihrer Gründung; in ihr sollten dort die Kinder der Untertanen erzogen werden, dort sollten sieihre fundamenta desto bas legen und hernach er mit Nutzen ihre Studia auf unserer Universität Frankfurt conti- nuiren, damit wir oder unsere Nachkommen sie im j)redigtamt und sonst nützlichen zu gebrauchen haben möchten". Konfessionelle und monarchisch-staatliche Gesichtspunkte, nicht allgemein menschliche, rein pädagogische, bestimmten den Herrscher, wie seine Zeit überhaupt. Wenn auch sein Nachfolger denselben Grundsätzen huldigte, so verkehrte er doch das Ziel der Anstalt in einer Hinsicht in das Gegenteil. Zohann Sigismund gab nach seinem Übertritt zum reformierten Bekenntnis trotz seiner verkündeten Absicht,

L. wetzet, Geschichte des Rgt. Ioachimsthalschen Gymnasiums. Festschrift tdvr.