Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
Seite
449
Einzelbild herunterladen

alter Sitte seines Hauses und zu seinem besonderen Glücke wurde Friedrich Wilhelm zwei Jahre später ins Ausland geschickt, wie Pufendorf sagt :damit er durch den Umgang mit ausgezeichneten Staats- und Ariegsmännern gründlichere Geistesbildung erwerben, seine Urteilskraft und seine Sitten verfeinern möchte". Lr kam in eingeistig so be­wegtes, in jeder Beziehung so lehrreiches Land, wie das damalige Holland". Mit ihm gingen der Erzieher von Leuchtmar und der Informator Müller, und mit 15 Lebens­jahren begannen an der berühmten Universität Leyden seine Studien, die sich auf Geschichte und die altklassische Literatur richteten. Seine Kenntnis des Latein wird als sehr gediegen gerühmt, aber auch die neueren Sprachen, Französisch, Holländisch und polnisch verstand er vortrefflich. Eine luxuriöse Hofhaltung war bei dem bedenklichen Geldmangel des väterlichen Staates nicht möglich, und so verband sich der Segen einfachen Lebens mit der eigenen Lernbegier. Nach Arnheim übergesiedelt, hatte der Kurprinz öfter Gelegenheit mit Vertretern der clevischen Stände zu verkehren, wodurch er sich über die Bedürfnisse des Landes unterrichtete, und er gewann zugleich einen Einblick in das Getriebe der hohen Politik gelegentlich der dort gepflogenen Friedensverhandlungen zwischen den Generalstaaten und Spanien. Mit großer Selb­ständigkeit und Eharakterfestigkeit entfloh der wackere Prinz gewissen Verführungen im Haag, wofür er von dem ruhmreichen Feldherrn Prinz von Oranien mit den Worten belobt wurde:Vetter, Eure Flucht beweist mehr Heldenmut, als wenn ich Breda eroberte. Wer schon so früh sich selbst zu überwinden weiß, dem wird das Große stets gelingen." Auf Verlangen des Vaters, der wegen des Prinzen Beliebtheit im Lleveschen mißtrauisch geworden war, mußte dieser 1 638 nach Berlin zurückkehren, durfte jedoch hier auch nicht bleiben, sondern wurde vom Vater nach Ostpreußen gebracht und dort bis zu dessen Tode f6H0 festgehalten. Hinsichtlich der Strenge der Erziehung und des Zwiespaltes zwischen Vater und Sohn erinnert dieses Iugendleben an das­jenige des großen Nachfolgers Friedrich Wilhelms, an die Jugend Friedrichs II. Auch des neuen Kurfürsten innere Kraft war in solchen Iugendenttäuschungen gestählt worden, wie sein weiteres Leben kund getan hat.

Inmitten der gewaltigsten Religionskämpfe aufgewachsen, hat der junge Fürst wohl das Verlangen nach konfessionellem Frieden in sich ausgenommen, aber das religiöse Element blieb dennoch von maßgebendem Einflüsse bei ihm. Immer wachen Auges verfolgte er den schweren Stand, den seine und seines Hauses reformierte Konfession inmitten der herrschenden lutherischen Welt und deren nicht enden wollenden Angriffen hatte.Dem väterlichen Glaubensbekenntnis neben dem lutherischen Recht und Be­deutung zu verschaffen, das ist als festes Ziel seiner Kulturpolitik zu erkennen." Dabei war er selbst nichts weniger als ein einseitiger Zelot: er hat Immer möglichst nach Annäherung der beiden protestantischen Bekenntnisse untereinander getrachtet, aber alle Versöhnungsversuche scheiterten am theologischen Starrsinn. Die unionistischen Be­strebungen des Großen Kurfürsten hatten aber nicht nur ein kirchliches Ziel im Auge, sondern auf solche Konfessionseinigung sollte auch das gesamte Schulwesen, vor allem das Volksschulwesen, eine einheitliche Ordnung erfahren, h

Mit Hilfe der neuen reformierten obersten Kirchenbehörde, dem Oberkonsistorium,

*) Lfeubaum 5 . 52 .

Brandenburgische Landeskunde. Bd. IV.

29