Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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gab die Kurfürstin-Mutter aus ihrem Witwengehalte der Ioachimsthalschen Schule eine bare Unterstützung. Aber auch das lutherisch gebliebeneGraue Kloster" kam nicht zu kurz. Freilich waren die Einkünfte der Lehrer desselben in den Kriegszeiten gar zu grausam beschnitten worden, die jetzt durch kurfürstliche Milde wieder ausgebessert wurden. Immerhin war der Zustand dieser Schule auch in Kriegszeiten ein zufriedenstellender geblieben; man zählte im Jahre l646 noch 400 Schüler. Hier herrschte noch völlig der alte humanistische Schulbetrieb mit seiner Vorherrschaft des Latein und Griechisch, neben dem nur noch Aristotelische Philosophie und Logik in Betracht kam. Aber man hatte von dem jesuitischen Schulwesen einen Teil des äußeren Zuschnitts übernommen und den öffentlichen Disputationen und dramatischen Schüleraufführungen einen großen Raum verhaltet, welche der Bürgerschaft der Hauptstadt offenbar außerordentlich zu­gesagt haben. Das sOOjährige Jubiläum der Anstalt U674) z. B. wurde durch solche auf dem Rathause stattfindende Schüleraufführungen besonders glanzvoll?) Diese Schul­aufführungen arteten jedoch manchmal zum Schauplatz konfessioneller Angriffe auf die Gegner aus. So ließ der Rektor Jakob Hellwig und der Subrektor Rosner s66s die Leiden Thristi und das Heilige Abendmahl darstellen, wobei aber die Gebräuche der Reformierten lächerlich gemacht wurden. Solches Verfahren war aber ganz und gar nicht im Sinne des Kurfürsten, der die Angelegenheit durch das Konsistorium aufs strengste untersuchen ließ, die beiden schuldigen Schulmänner ihres Amtes entsetzte, sie gefangen hielt und sie erst nach einer öffentlichen Buße begnadigte. In den letzten Jahren des Großen Kurfürsten (s683) entstand auch noch die Berliner Stadtschule auf dem Friedrichswerder.

Noch mehr Sorgfalt verwandte der Fürst auf seine Landesuniversität, die unter ihm noch einmal eine letzte, kurze Blütezeit erlebte. Durch außerordentliche Zuwendungen zu den Professorengehältern und Befreiung von Steuern konnte man einige hervorragend tüchtige Vertreter der Wissenschaft dort fesseln. In der theologischen Fakultät waren die Namen G. pelargus, Friedr. Beckmann, T. Bergius, Ioh. Rießelmann weithin bekannt; die Juristen Ioh. Brunnemann, Sam. Stryck, der Geschichtschreiber I. T. Beck­mann, dem wir eine reichhaltige Art Landeskunde der Mark Brandenburg verdanken, sowie der Mediziner Bernhard Albinus, ein Schüler des großen Holländers Boerhave, sind bis jetzt bei ihren Fachgenossen in Ansehen. Von ihnen war Professor Ioh. Brunne­mann ein Märker aus Tölln a. d. Spree, der als Sohn eines Predigers sich zunächst als Lehrer der Philosophie und Logik in Frankfurt betätigte, dann aber das römische Recht mit großem Erfolge interpretierte. Sein Werk über das Prozeßverfahren wurde noch s7s7 der neuen brandenburgischen Kriminalordnung zugrunde gelegt.

Es wurde nun für die Universität auch ein Bibliotheksfonds ausgesetzt, und eine sogenannte Ritterakademie gegründet, die aber hier nichts anderes als eine Reitschule für die Studenten war; ferner wurden die Stipendien besser ausgestattet, persönlich zeigte Friedrich Wilhelm sein Interesse an der literarischen und sprachlichen Hebung des Deutschtums, indem er der berühmten Fruchtbringenden Gesellschaft zu Weimar beitrat. Denn auch in Brandenburg hatten die nationalsprachlichen Bestrebungen, wie sie ander­

es L. v. Grlich, Gesch. des Großen Kurfürsten. Berlin l 8 -> 6 . Jul. kfeidemann, Gesch. . Grauen Klosters zu Berlin. Berlin 1879.

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