Teil eines Werkes 
Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
Entstehung
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für Löhne des Adels bestimmt, sogenannteRitterakademien"; denn hauptsächlich aus das Militärische richtete der Große Kurfürst sein Augenmerk. Er, der s653 die Be­willigung eines brandenburgischen stehenden Heeres durchsetzte, gründete in Eolberg eine eigentliche Offiziersschule, die erste in Europa. Hier trat das zum Ariegsberuf Nützliche in den Vordergrund, und zum ersten Male erschien dort die rein sprachlich­rhetorische Bildung der alten Lateinschulen als entbehrlich. Ein gewisser Ersatz wurde dafür die neu eingeführte französische Sprache. Weiter hat der Kurfürst die körperliche und ritterliche Pflege auch der Studenten seiner Landesuniversität durch eine sogenannte Ritterakademie in Frankfurt zu fördern gesucht. Dieses Institut war jedoch keine wissenschaftliche Anstalt mit Einschluß gewisser galanter Künste, sondern lediglich eine Reit-, Fecht- und Tanzschule für die Akademiker. Jene erste Ritterakademie wurde später, obwohl sie selbst keine 50 Jahre bestand, das Vorbild der späteren Kadetten­anstalten und Militärschulen, die unter Friedrich Wilhelm I. die besonderen militärischen Erziehungsaufgaben des Brandenburgischen Staates übernahmen; es war der Anfang eines eigenartig nationalen Bildungs- und Erziehungswesens damit gegeben. Aber es war und blieb eben nur ein Anfang.

Wir hatten soeben die wohltuende Fürsorge des Großen Kurfürsten für die Frank­furter Universität hervorgehoben. Diese Fürsorge stand aber auch inmitten eines großen allgemeinen Zusammenhanges.

Die auf Grund des Konfessionshasses entstehenden Streitigkeiten, die auch jetzt nicht ganz nachließen, gaben dem Kurfürsten wie es ähnlich auch anderwärts geschah Gelegenheit, die staatliche Oberhoheit über die bisher korporativ organisierten Uni­versitäten auszudehnen. Die Not der kriegerischen Zeit hatten die Universitäten vielfach ihrer Hilfsmittel beraubt, und sie sahen sich nun dem Wohlwollen der Fürsten über­antwortet. So dehnte sich die zentralisierende Gewalt des absolutistischen Staates im 1 7. Jahrhundert auch auf das engere Kulturgebiet des Bildungswesens aus. Nach schwächeren Versuchen seiner Vorgänger, Johann Sigismund und Georg Wilhelm, riß der Große Kurfürst seit f652 das Recht der Prosessorenberufung an den Universitäten, wie später auch (s685) an den höheren Gelehrtenschulen, kräftig an sich.

Dasselbe Streben, das Bildungswesen mehr und mehr unter die Autorität des Staates zu stellen, dem übrigens nichts weniger als eine antikirchliche, gegen die Ober­herrschaft der anerkannten Theologie gerichtete Tendenz innewohnte, führte auch zu größeren Plänen. In Frankreich und in anderer Weise auch in England hatte längst die absolutistische Staatssouveränität, weiter entwickelt bereits als in Deutschland, auch die höchsten Bestrebungen des wissenschaftlichen Geistes unter seine Fittiche genommen. Ludwig XIV. wollte auch als Schöpfer und Schirmer der vaterländischen Wissenschaft glänzen. So entstanden dort aristokratische Akademien, in denen sich unter der Ägide der Krone wissenschaftliche Geister vereinigten. 1666 wurde die pariser Akademie, eine großartige Zentralisierung der Wissenschaft im staatlichen Interesse, gegründet. Die Richtung der neuen Wissenschaftsorganisationen war in Paris wie auch in London die naturwissenschaftliche. Nach verschiedenen vergeblichen Versuchen in Deutschland zur Gründung von ähnlichen Akademien, sah sich auch der regsame Geist des Großen Kurfürsten mit in diese Tendenz der Zeit einer Vergesellschaftung des Wissenschafts-