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betriebes hineingezogen, jedoch ohne noch erhebliche Früchte ernten zu können. Mitten innen stehend in der engherzigen Feindseligkeit zwischen Lutheranern und Reformierten, zeigte Friedrich Wilhelm den freien «Leist, welcher im Reiche der Wissenschaft wenigstens alle Geistesarbeiter, selbst Zu den und Araber, willkommen heißt: eine Stilwidrigkeit in jenem Zeitalter der immer noch nicht besiegten Unduldsamkeit. Der plan einer Universal- universitätj für deren Verwirklichung der schwedische Reichsrat Benedikt Stylte Brandenburg als das geeignete Versuchsfeld ansah — auch ein Zeichen für das wachsende Ansehen des jungen Staatswesens — mußte in seinen Anfängen stecken bleiben, obwohl bereits der Geheime Staats- und Kriegsrat Georg Otto v. Bonin dazu im Aufträge des Kur- sürsten seit 1666 ernste Verhandlungen mit der Gelehrtenwelt eingeleitet hatte, und die alte Kulturempore Karls IV., Tangermünde in der Altmark, schon zum Sitze des weltumspannenden Institutes ausersehen war.
Wenn auch das große Projekt scheiterte und nach den Verhältnissen scheitern mußte, so erkennt man doch aus ihm den hohen Sinn jenes bedeutenden Fürsten, der sein Land — fast mit Gewalt — auf die Lohen der Bildung und der Wissenschaft führen wollte. Denn es konnte ihm nicht entgehen, daß noch immer die Mark, wie zu den Zeiten des Abtes von Sponheim, im Verhältnis zu anderen deutschen Gebieten — vom Ausland gar zu schweigen — keine wissenschaftlichen Köpfe höheren Ranges auszuweisen hatte. Wenn er einen Kleis von bedeutenden Gelehrten um sich scharen wollte, mußte er solche von außen in seine Nähe rufen. Und er hat auch das mit weitschauendem Blick und glücklichem Griff getan. Lin Gestirn erster Güte ging dem Berliner Lose vor allem in dem Freiherrn Samuel von pusendorf auf, dem bedeutendsten Historiker seiner Zeit, der zuerst in Deutschland „die engen Schranken der scholastischen Orthodoxie, welche die unverstandene Autorität des Aristoteles mißbrauchte, geöffnet und der historischen Forschung wie der philosophischen Kritik freiere Bewegung verschafft hat. "ft Er stammte aus Lachsen und wurde auf der Grimmaischen Fürstenschule erzogen. Auf der Universität Jena wurde er besonders durch Erhard Weigel angeregt, der schon die Staatswissenschaft in neuem Geiste betrieb. Aus eine seiner ersten Schriften hin wurde für ihn in Heidelberg der erste deutsche Lehrstuhl für Natur- und Völkerrecht gestiftet, hier schrieb er sein Aufsehen erregendes Buch „Aber den Zustand des deutschen Staats- wesens" P667). Und diese seine Schrift, in der er vor allem die Souveränität des Staates gegenüber Ständen und Kirchen betonte, war es offenbar, die ihn dem Großen Kurfürsten, dem kraftvollen Vertreter des modernen Staatsgedankens, empfahl.
Aber erst, nachdem Pusendorf seit 1670 eine Professur in der neuen schwedischen Universität Lund mit großem Ruhme bekleidet und weitere bedeutende historische Werke, auf die schwedische Geschichte bezüglich, veröffentlicht Hatte, wurde er 1686 vom Kurfürsten als hofrat, Historiograph und Kammergerichtsrat nach Berlin berufen. Die Brandenburger Universität schien kein geeigneter Wirkungskreis für diesen Mann. Die Erfolge seiner neuen Aufgabe und Tätigkeit sind «aber erst nach seinem s694 erfolgten Tode herausgekommen: „Die Taten Friedrich Wilhelms des Großen" und „Die Taten Friedrichs III."
Auch seine Diplomaten und Gesandten wählte der Kurfürst mit Vorliebe unter
>) Bluntschli, Geschichte der modernen Staatswissenschaft, München « 88 1.