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von der französischen Gemeinde, den Engländer John Toland, den Jesuiten Vota, den Bischof Ursinus, den Zeremonienmeister und Dichter Besser u. a. m. Und „mit gleicher Freundlichkeit nahm die Kurfürstin und Königin die Anhänger der verschiedenen theologischen Richtungen, wie die erklärten Freigeister auf und erfreute sich an dem dialektischen Kampf der Geister".
Aber auch im weiteren Kreise füllte sich die brandenburgische Hauptstadt mit Männern von wissenschaftlichem Rufe, die zum großen Teile ihren Mittelpunkt in der neu gestifteten Sozietät fanden: Es war eine bunte Schar von internationaler Färbung. Dort wirkten, um sie zusammensassend aufzuführen, mit Leibniz, dem Sachsen und Meisen, die beiden Brüder Jablonski, die Slawen, und Tuneau, der Franzose zunächst am Aufbau der Akademie; unter den ersten, z. T. allerdings nur auswärtigen Mitgliedern derselben finden wir den Königl. Leibarzt Stahl, einen Franken, den Nürnberger Kartographen Homann, den Königsberger Mathematiker Georg Rast/ den ostpreußischen Theologen Lilienthal, den Sachsen Gottfried Arnold, den Verfasser der berühmten „Kirchen- und Ketzerhistorie", den Geistlichen Abraham Menzel, den großen Arzt Friedrich Hoffmann aus Halle, die Refugiös, Beausobre und Lenfant, den Mathematiker Nauds, den Philosophen Thauvin und den Diplomaten Tuneau, den Philologen Leonhard Frisch, den Rektor des Grauen Klosters, und den viel bewunderten La Troze. Der letztere, aus französischem" Blute, galt als der größte Gelehrte seiner Zeit in Deutschland. Er war ein übergetretener Benediktiner. Im Jahre I6Y7 wurde er Bibliothekar in Berlin. „Als Sprachgenie und Polyhistor hatte er seinesgleichen nicht unter den Zeitgenossen." Besonders sind seine Forschungen über die koptische Sprache von Bedeutung, aber auch Philosophie, Geschichte, Geographie haben durch ihn gewonnen. Er wurde s725 Professor am französischen Kollegium zu Berlin, und Friedrich der Große hat ihn noch aus eigener Bekanntschaft gefeiert als „den gelehrtesten Mann Berlins, als das Repertorium des gesamten gelehrten Deutschland, als ein wahres Magazin der Wissenschaften".
Endlich fand sich am Brandenburgischen Hofe auch Philipp Jakob Spener ein, und die Anwesenheit dieses letzteren Mannes in der brandenburgischen Hauptstadt ist besonders charakteristisch für die dortige Atmosphäre. Me wenige Männer hat Spener, der Schöpfer des Pietismus, aus die geistige Verfassung von Mit- und Nachwelt Einfluß gewonnen. Indem er, wie viele gleichgerichtete Vorgänger und Zeitgenossen, aber mit größerem Erfolge, innige und innerliche Frömmigkeit, empfundene Religion an Stelle des verstandesmäßigen Erfassens von Glaubenssätzen und kühler Begriffsklarheit des Dogmas verlangte, schuf er — ohne selbst eigentliche Erziehungs- und Bildungsbestrebungen verfolgt zu haben — die Basis eines neuen Bildungsideals, das jetzt dem alten, bisher allein herrschenden philologisch-sprachlichen Bildungsziele zur Seite trat. Freilich hat erst sein Gesinnungsgenosse A. H. Francke die pietistische Auffassung von Lehre und Leben der Schule zugeführt.
Wir müssen angesichts dieses allgenieinen Aufschwunges des geistigen Lebens in Brandenburg uns daran erinnern, was der junge Staat gerade der Toleranz auch in dieser Beziehung verdankt, die es zu einer Zufluchtsstätte aller verfolgten Gedankenträger machte. Eben diese religiöse Weitherzigkeit war es, die den Hauptvertreter des „Pietismus" ermöglichte, in der Hauptstadt Brandenburgs unangefochten einen amtlichen