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Zweck hatten, das Bestehende zu erhalten", so stellten sich doch dabei erhebliche Mängel heraus. Im besonderen wurde die verwirrende Mannigfaltigkeit der benutzten Katechismen an den Tag gebracht, während doch schon der Große Kurfürst den Heidelberger und den Lutherschen Katechismus als die allein maßgebenden Religionsbücher vorgeschrieben hatte. Aus der Erkenntnis der zutage getretenen Mißstände erwuchsen nun in den darausfolgenden Jahren die wichtigen gesetzlichen Bestimmungen, die für die Zukunft als Grundlagen der preußischen Volks schulgesetzgeb ung zu betrachten sind?)
Epochemachend für das Volksschulwesen und damit für die Bildungsentwicklung von Brandenburg-Preußen, mittelbar auch für ganz Deutschland, ja darüber hinaus, wurde die berühmte Grder vom 28. September 1717, die aus Grund der Klagen der inspizierenden Geistlichkeit, dem Schulbesuch der Kinder einen gesetzlichen Zwang zugrunde legte, — wie dies vereinzelt schon früher versucht worden war, z. B. s64(6 in der Altmark, — aber zugleich diesen Schulbesuch den ländlichen, damaligen Bedürfnissen anpaßte und ihn einschränkte.
Nach dem Vorgänge im Gothaischen Ländchen (1642) hielt damit der staatliche Schulzwang seinen Einzug in die Gesetzgebung. Die zweite gesetzliche Neuerung war die staatliche Festsetzung des Schulgeldes.
Als unvergleichlicher Soldatenfreund war es ferner Friedrich Wilhelm I., der auch dem Soldatenstande eine planmäßige Erziehung und Berufsbildung geschaffen hat. Er richtete — nach dem Muster der schon seit dem Großen Kurfürsten entstandenen Garnisonschulench — bei einer ganzen Reihe von Regimentern „Regimentsschulen" für Soldatenkinder ein, die dem Heere selbst zugeteilt blieben und unter militärischer Aufsicht und Verwaltung standen; ihre Leiter waren in der Regel Feldprediger. Eine Zentrale wurde 1724 diesem Berufsbildungswesen in dem sogenannten Militär- Waisenhause in Potsdam gegeben, das, ohne Beschränkung auf wirkliche Waisen, die Soldatenkinder auf die höhe eines schon damals anerkannten Mindestmaßes bürgerlicher Bildung durch Unterricht im Thristentum, Schreiben, Lesen und Rechnen bringen sollte, zugleich aber ihnen auch die Anfangsgründe ihres späteren Berufes anzueignen bestimmt war, um schließlich dem Könige selbst das beste Soldatenmaterial zu liefern. Die Bedeutung dieser vorbildlichen Militärschule kann man aus der Frequenzziffer von 1400 Knaben, die im Todesjahre des Königs erreicht wurde, ermessen. Das bisher vom Staate überhaupt kaum beachtete Mädchenschulwesench fand ebenfalls in König Friedrich Wilhelm I. einen seiner ersten praktischen Verfechter. Der Potsdamer Anstalt wurde ein Mädchenwaisenhaus beigegeben, welches es immerhin bis auf (50 Pfleglinge brachte.
Noch aber in anderer Beziehung bezeichnet dieses Potsdamer Militärwaisenhaus eine neue Epoche: „Es ist auch die erste Anstalt, in der Kinder verschiedenen Glaubens, reformierter, lutherischer und katholischer Konfession zusammen erzogen und unter-
') Vgl. Heubaum, a. a. D. 5 . 146.
h Fr. Wienecke, Das preußische Garnisonschulwesen. Berlin, 1907.
h Die erste Mädchenschule wird 1559 vom Rate zu Spandau gegründet, und nur in größeren Städten treffen wir in den nächsten Zeiten solche Schulen als niedrige Aüsterschulen an.