H73
keine Förderung erfahren, so darf man nicht vergessen, daß er aus dem Gebiete der praktischen Wissenschaften dennoch Unvergängliches geschaffen hat.
Die Medizin stand bei ihm in besonderer Gunst, und so errichtete er > 7 >7 „zum Nutzen des Heeres und des Volkes" ein anatomisches Theater und verband es 1 724 mit dem vom Großen Kurfürsten gestifteten (Ivllopinni insälco elllrurAieuiu, das in erster Linie der Militärchirurgie dienen sollte. Kindes wurde letzteres jetzt erheblich erweitert, und es wurden darin vor allem die mit der Medizin eng verbundenen Hilfswissenschaften gepflegt, gelehrt und studiert. Besonders fand hier die Therme eine Stätte, an der bedeutende wissenschaftliche Neuerungen das Licht der Welt erblickt haben. Wieder war es ein Leibarzt des Königs, Trust Georg Stahl, der den wissenschaftlichen Führer abgab, indem er zum ersten Male alle die bisherigen chemischen Kenntnisse unter wissenschaftliche Gesichtspunkte einordnete. Tr hat auch die phlogistische Verbrennungstheorie ausgestellt, welche erst hundert Jahre später besseren Tinsichtcn weichen mußte. Stahls Schüler, Hott und Kaspar Neumann, machten sich gleichfalls einen Namen, und des letzteren Schüler wieder war der berühmte Sigismund Marggraf, der Entdecker des Runkelrübenzuckers. Von großer Tragweite — und man hatte das volle Bewußtsein für die wissenschaftlich-pädagogische Bedeutung der Sache — war es auch, daß der König 1726 ein allgemeines Krankenhaus für die Residenz stiftete, die berühmte Tharitä, welches gleichzeitig als eine Art Ubungsschule für Arzte gedacht war. Mit der Förderung der Medizin hängt auch die Ausgestaltung des „Hopsen- und Küchengartens" zu Schöneberg zum wissenschaftlichen „Botanischen Garten" zusammen.
Der König hat auch die Universitäten keineswegs unbeachtet gelassen. Für (Ökonomie und Kameralwissenschaft richtete er in Halle und Frankfurt die ersten Lehrstühle ein, ebenso für Angenieurwesen und Mechanik. Dennoch gingen die Universitäten unter ihm wesentlich zurück. Vor allem litt Frankfurt, dem der König aus Liebe zu Halle seinen letzten bedeutenden Lehrer, Johann Gottlieb Heineccius, den „bedeutendsten Juristen des 18. Jahrhunderts", raubte; und fast tragisch berührt es, zu hören, mit welchen kleinen Mitteln der Herrscher dem Rückgang entgegenzuarbeiten gedachte: Verbot des Besuchs ausländischer Universitäten, allerhand Vorschriften über die Vorlesungen, über Einschränkung der Ferien usw., und wie wenig dies alles doch fruchtete. „Seit diesen Tagen schwindet die Universität Frankfurt fast ganz aus dem geistigen Leben."
Auch die Akademie hatte, ganz abhängig vom königlichen Wohlwollen, keinen leichten Stand gegenüber den sonderbaren Eigenwilligkeiten des Königs. Jedenfalls hatte dieser keine volle Empfindung für die Würde einer Gesellschaft, die die Wissenschaft der Monarchie vertreten sollte. Aus dem berühmten Tabakskollegium heraus hat sich die Akademie zwei Hräsidenten oktroyieren lassen müssen.
Au diesen abendlichen, ungezwungenen Zirkeln um den König wurden nämlich auch einzelne gelehrte Männer hinzugezogen, die an der Hand der Zeitungen den versammelten Herren die Weltbegebenheiten zu erklären hatten. Unter diesen Gelehrten finden wir Haul Gundling und David Faßmann, die beide allgemach im Tabakskollegium die Rollen von Hofnarren einnahmen. Der erstere, Schüler von Tho- masius in Halle, ein tüchtiger Geschichtschreiber und Volkswirtschastler, der andere, ein geborener Sachse, hat sich durch seine anekdotenhafte Geschichtschreibung über Friedrich