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Bd. 4 (1916) Die Kultur / von Robert Mielke ...
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Wilhelms I. Regierung (>735 und >74 >) einen zweifelhaften Ruhm erworben. Beide wurden nacheinander zu Präsidenten der Sozietät ernannt, und die noch weit ärgeren Narren der Tafelrunde Graben zum Stein und Morgenstern wurden wenigstens aus dem Präsidentschaftsgehalt bezahlt.

Zenes Tabakskollegium offenbart in seinem Treiben doch aber auch eine neue Richtung des geistigen Lebens, indem es die Presse in ihrer belehrenden und Nachrichten verbreitenden Bedeutung anerkannte und sich zunutze machte.

Die Zeitungen waren damals, zur Zeit Friedrich Wilhelms I-, keine ganz neue Erscheinung in der Mark mehr; die Versuche, Zeitungen herauszugeben, beginnen schon vor dem Dreißigjährigen Kriege. Zm Anfänge des >8. Jahrhunderts hat man der Sache schon so viel Gewicht beigelegt, daß man wünschte, die Sozietät der Wissenschaften sollte den Herausgeber spielen, weil man mit den bisherigen Anfängen nicht zufrieden war. So gab ein verabschiedeter Rittmeister Th. h. Velven als Akademiemitglied seit > 708 die erste Berliner Zeitschrift in deutscher Sprache heraus unter dem Titel:Monatliche Turieuse Natur-, Kunst-, Staats- und Sitten-Praesenten". Friedrich I. hatte einem Flüchtling aus der Pfalz ein Zeitungsprivileg gegeben, dessen Sohn hat das Blatt aber erst emporbringen können, und dessen Schwiegersohn Voß gab eben dieser ältesten Berlinischen Zeitung seinen Namen, den sie bis auf den heutigen Tag behalten hat. Zur Zeit des zweiten Königs war sie aber durch die vom Könige selbst ausgehende strenge Zensur arg behindert; sie konnte sich ihre Anziehungskraft unter diesen Verhält­nissen nicht bewahren, so daß das fürstliche Kollegium schließlich selbst sich mehr der aus­ländischen Presse bediente?)

Während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms war der Pietismus in Bran­denburg-Preußen mehr und mehr zur Herrschaft gelangt, und dessen Hauptvertreter, A. h. Francke, stand ob seiner praktischen Erfolge bei ihm in hoher Gunst. Schon aber erhob die sogenannte Aufkl-ärung ihr Haupt, die die Zeit seines großen Thron­folgers vollauf beherrschte?)

Mit Friedrich II., dem Einzigen, kam eine neue Sonne für Wissenschaft und Bildung in Preußen herauf und ließ auch die halb verkümmerte Akademie wieder auf­leben. Diese hatte nicht die Momente des Fortschrittes im Geistesleben von Anfang an an sich gerissen; gedrückt unter einem Herrscher, der sie nicht verstand, konnte keine neue Weltanschauung dort Wurzel schlagen; die alte Abhängigkeit von der Theologie blieb nirgends länger bestehen. Es war im übrigen Deutschland die Philosophie von Thristian Wolsf in Halle längst zur allgemeinen Annahme gelangt, und damit war der Pietismus von der Aufklärung abgelöst worden, die Herrschaft des gläubige» Gemütes von der der kalten Vernunft. Der Akademie blieb aber zunächst die neue Bewegung fremd. Aber das Neue fand andere Eingangstore in das Herz Brandenburgs hinein. Zm Jahre f736 schon gründeten in Berlin Wolfsche Anhänger dieGesellschaft der Alethophilen" unter dem Grafen von Manteuffel und dem Propst Reinbeck zur Verbreitung der neuen

*) vgl. L. Geiger. Berlin >S88>8->o. Berlin >8Y3, >895.

2) Aber Friedrichs des Großen Erziehung und die indirekten Einflüsse von Leibniz auf diese s. L. Bratuscheck, Die Erziehung Friedrichs des Großen. Berlin >885.